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Schadensfall am Glasvordach: War der Monteur schuld?

Der Besitzer eines Reihenhauses möchte den Eingang seines Hauses vor der Witterung schützen und bestellt ein Glasvordach mit einer auf sechs Tellern aus Edelstahl punktförmig aufgelagerten Scheibe aus VSG. Das Dach wird geliefert, die Monteure verrichten ihre Arbeit und alles scheint in Ordnung zu sein.

In der Freude über das schöne neue Dach entlässt der Hausbesitzer die Monteure. Am nächsten Tag jedoch entdeckt er bei genauem Hinsehen an der der Wand zugewandten Glaskante eine Stoßstelle und bemängelt dies. Der Lieferant lehnt die Bemängelung ab mit dem Hinweis, die Monteure hätten ihre Arbeit ordentlich verrichtet. Die Stoßstelle könne nur nach der Abnahme des Daches entstanden sein.

Der Hausbesitzer beantragt daraufhin über einen Anwalt bei Gericht ein Selbständiges Beweisverfahren mit der Fragestellung: „Es soll Beweis erhoben werden über die Frage, welches die Ursache des an dem Glas des Vordaches der Haustür des Hauses des Beklagten vorhandenen Schadens ist, insbesondere über die Frage, ob es sich um einen Materialfehler oder einen Montagefehler handelt.“

Das ergab der Ortstermin

Anlässlich des anberaumten Ortstermins hat Wolf-Dietrich ChmieleckSachverständiger für Glastechnik, Folgendes festgestellt:

  • Das Vordach besteht aus einer Glasscheibe aus Verbundsicherheitsglas VSG, welche auf 6 Edelstahlhaltern punktförmig gelagert ist.
  • Das Verbundsicherheitsglas besteht aus zwei Scheiben aus Floatglas (Fensterglas), welche mittels einer klardurchsichtigen Verbundfolie aus Polyvinylbutyral PVB miteinander verbunden sind.
  • Die untere Einzelscheibe des Verbundsicherheitsglases hat an der wandseitigen Glaskante links vom linken Edelstahlhalter eine etwa 3 cm breite muschelförmige Abplatzung.
01: Muschelförmige Abplatzung neben dem wandseitigen Edelstahlhalter; 02: Detailansicht der muschelförmigen Abplatzung an der unteren Einzelscheibe des VSG

Die Untersuchung im Detail

Eine absolut 100%ige Antwort über die Ursache der muschelförmigen Abplatzung lässt sich nachträglich vom Sachverständigen nicht geben. Wenn dies nicht möglich ist, muss sich die Suche nach der Ursache auf die Beurteilung des optisch erkennbaren Schadensbildes und Hinweisen, die die Schadensbegründung belegen oder erhärten können, beschränken.

Im Wesentlichen haben Abplatzungen an Kanten von Glasscheiben folgende Ursachen: Stoßartige Überlastung bei der Produktion, der Lagerung, dem Transport, dem Einbau oder dem Gebrauch. Da sich die Abplatzung an der wandseitigen Glaskante der unteren Glasscheibe des Verbundsicherheitsglases in einem weitestgehend vor Stößen geschützten Bereich befindet, kann davon ausgegangen werden, dass sie nicht anlässlich des Gebrauchs nach dem Einbau entstanden ist.

Dass sie anlässlich der Produktion entstanden ist, lässt sich ebenfalls ausschließen, weil sie dann vor dem Einbau hätte erkannt werden müssen. Aus dem optisch erkennbaren Schadensbild, der Lage und den Hinweisen lässt sich schließen, dass die Abplatzung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf eine stoßartige Belastung anlässlich des Transportes und/oder der Montage zurückzuführen ist.

Das Fazit des Gutachters

Wird ein Sachverständiger durch ein Gericht hinzugezogen, verlässt sich der Richter in der Regel auf die Richtigkeit der Bewertung, sprich des Gutachtens. Ein Rechtsstreit geht dann meistens zu Ungunsten einer Partei aus. Diese hat selbstverständlich das Recht, den Gutachter in einer Verhandlung vor Gericht zu seinen Aussagen zu befragen, was in vorliegendem Fall auch geschehen ist.

Es wurde infrage gestellt, dass der Schaden durch die Monteure verursacht worden sei. Vielmehr sei die Abplatzung infolge des Gebrauchs durch eine Stange o. ä. entstanden. Hierzu hat Chmieleck erläutert, dass der Hausbesitzer keinen Grund habe, mit einer Stange oder anderweitig im Bereich der Stoßstelle an der Hauswand zu hantieren. Und selbst wenn er das Dach nach der Montage hätte reinigen wollen, wäre dies mithilfe des Anlegens einer Leiter geschehen, was dann womöglich zu einer Beschädigung im Bereich der ungeschützten Vorderkante der Dachscheibe geführt hätte.

In der großen Freude und Euphorie über das neue Produkt achtet ein Abnehmer oft nicht genau darauf, ob dieses wirklich mangelfrei ist. Dazu kommt, dass Fehler an Glasscheiben bei oberflächlichem Hinsehen aus der Ferne oft nicht zu erkennen sind. Kommt es nachträglich zu einer Bemängelung, ist die Beweisführung schwierig. Das vorgefundene Schadensbild, der Ort und die Umstände lassen den Schluss zu, dass die Beschädigung während des Transports und/oder bei der Montage herbeigeführt wurde.

Die Beitrag von Wolf-Dietrich Chmieleck ist zuerst erschienen in GLASWELT/11-2016. Wolf-Dietrich Chmieleck ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Glastechnik.

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