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Wie Sie Attika- und Mauerabdeckungen sicher berechnen

Hans-Peter Rösch
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Nicht nur in der Karibik, sondern auch in Deutschland nehmen die Windgeschwindigkeiten ständig zu. Zum Glück sind hierzulande noch keine Hurrikans wie der Tropensturm Irma zu befürchten. Dennoch führt die globale Erwärmung auch in unseren Regionen zu heftigen Stürmen, die immer öfter Waldschneisen, komplett abgedeckte Dachlandschaften oder davongeflogene Metallbauteile zurücklassen.

Damit eine sichere Befestigung solcher Bauteile gewährleistet ist, reagieren die Behörden mit drastischen Maßnahmen – etwa der Forderung nach statischen Nachweisen für Metallbauelemente wie Dachrandabdeckungen, Attika-Bleche, Flachdach-Abdeckungen oder Mauerabdeckungen. Neben zunehmendem Aufwand müssen Klempnerfachbetriebe somit auch mit zusätzlichen Kosten zur Berechnung entsprechender Statiken rechnen. Diese können je nach Berechnungsaufwand schnell 2.000 Euro und mehr betragen.

Nach § 18 Abs. 3 LBOVVO habe ich (Hans-Peter Rösch, Anm.d.R.) als Leiter der Technikerschule für Metallbautechnik an der Robert-Mayer-Schule in Stuttgart schon mehrere solcher Nachweise erbracht. Nebenbei bemerkt traut sich längst nicht jeder Statiker an dieses Thema heran – etwa weil er die Materie und die Umsetzung am Bau unzureichend kennt. Dazu kommt die Brisanz der Problematik.

Bedenkt man, dass vom Wind gelöste und davongewehte Attika-Abdeckungen oder andere metallische Mauerabdeckungen in Schulhöfe einschlagen, sich in Hochspannungsleitungen verfangen oder fahrende Autos gefährden können, wird dies besonders deutlich. Wer will schon von umherfliegenden Blechen überholt werden und unter welchen Voraussetzungen hält ein Statiker bereitwillig seinen Kopf dafür hin – auch wenn er eine teure Bauschadensversicherung vorweisen kann?

Fallbeispiel: Attikaabdeckung berechnen

Nach einer Reklamation forderte eine Baurechtsbehörde im zweiten Versuch (dem sogenannten Nachbesserungsrecht des Handwerkers) einen statischen Nachweis zur Montage einer Blech-Attikaabdeckung. Die Berechnung der Abdeckung sollte in einer Dokumentation umfassende Angaben zu Bügelabständen, Schrauben und der Bügelkonstruktion enthalten.

Da ich auch Leiter der RMS-Klempnermeisterschule in Stuttgart bin, habe ich eine ähnliche Berechnung beispielhaft in mein Unterrichtsprogramm der Meisterschule aufgenommen. Entsprechende Aufgaben lasse ich mittlerweile sogar in diversen Klassenarbeiten rechnen. Das Interesse der Schüler (insbesondere solcher aus Industriebau-Unternehmen) ist groß.

Nun ist die Berechnung der Windsoglasten nach dem Eurocode EC 1, 1-4 beziehungsweise DIN EN 1991 Einwirkungen auf Tragwerke nicht einfach in den Unterrichtsstoff der Meisterschule zu integrieren beziehungsweise im Klempnerbetrieb durchzuführen. Für gewöhnlich werden derart komplexe Rechenvorgänge von Bachelors, Mastern oder eben staatlich geprüften Technikern vorgenommen.

Sie alle sind planvorlageberechtigt und in der Lage, statische Nachweise zu erbringen. Übrigens sind nach § 43,4 LBO vom 5. März 2010 auch Meister befähigt, Pläne – also statisch relevante Haftenpläne am Dach und Bügelpläne bei Abdeckungen – bei einstöckigen Gebäuden bis 150 m2 und gewerblichen Gebäuden bis 250 m2, Garagen bis 100 m2 und Wandhöhen bis 5 m selbst zu erstellen! Diese Gebäude sind dann zumeist nach LBO VVO § 18 bis 250 m2 auch nicht prüfpflichtig.

Vorgaben des Zentralverbandes

Nach DIN 1991 Teil 4 muss jedes konkrete Objekt recht aufwendig mit mehreren Lastfallkombinationen und Sicherheitsbeiwerten aus verschiedenen Richtungen untersucht werden. Leichter geht es mithilfe der neuen ZVSHK-Klempnerfachregeln.

Dort werden verbindliche Windsoglasten einschließlich der komplexen Sicherheitsbeiwerte in Tabelle 27 genannt. Die vordimensionierten Lastangaben für gängige Dachformen beziehen sich auf die Windzonen 1 bis 3. Mit diesen Werten lässt sich der Bügelabstand von Dachabdeckungen, Mauerabdeckungen oder Attikaabdeckungen relativ einfach berechnen. Die Klempnerfachregeln stellen dies handwerkergerecht und vereinfacht dar.

Sie bieten somit eine gute Rechengrundlage. Natürlich kann ein Statiker mit einer sehr genauen Berechnung tatsächlich erforderliche Bügelabstände geringfügig reduzieren, aber Klempner und Metallbauer legen ja ohnehin großen Wert auf entsprechende Sicherheit. Es ist also empfehlenswert, lieber einen Halter mehr als zwei zu wenig einzubauen.

Bereichseinteilung am Flachdach

Was leistet die ZVSHK-Tabelle?

Die ZVSHK-Tabelle kann aber noch mehr: Bei einem Pultdach über 5° Dachneigung kommt am Pult der Bereich F-hoch hinzu. In der Mitte des Daches (früher auch Fläche genannt und bei dieser Berechnung uninteressant, da nur Dachränder und Dachecken betrachtet werden) kann der Bereich I oder J auftreten (siehe ZVSHK-Fachregel). Und so gehts:

Zunächst wird der für das Objekt geltende Rand- und Eckbereich festgelegt. Dieser basiert auf der Hilfsgröße e, die entweder 2*h (2 mal Firsthöhe) oder b (größere Gebäudehälfte) entspricht. Der Wind „schlüpft“ eben entweder über das Dach (2*h) oder außen um die Fassade (b) herum.

Die ZVSHK-Klempnerfachregeln führen Windsoglasten sowie Sicherheitsbeiwerte in Tabelle 27 auf

Der kleinere Wert gilt! e = 2h oder b

Bei stark geneigten Dächern ist der kleinere Wert auf die schräge Dachfläche mit Umrechnungsfaktoren zu projizieren. Dies ist aber unter ca. 10° Neigung nicht notwendig, da Mauerabdeckungen oder Attikaabdeckungen immer darin zu liegen kommen. Interessant ist der Eckbereich bzw. der Dachrandabschluss. Dieser wird mit e/4 berechnet und kann sich sehr weit über das Dach erstrecken. In diesen Bereichen sind generell engere Bügelabstände anzusetzen.

Beim Einkauf fertiger Bügel kann man sich unter Umständen Montagepläne vom Bügelhersteller erstellen lassen. Diese sind jedoch oft herstellerfreundlich und so ausgelegt, dass möglichst viele Bügel verkauft werden können. In der Praxis werden Halterabstände im Bereich von 50 bis 150 cm empfohlen, was teilweise nicht sehr sachkundig ist. Der Grund:

  • Gebäudehöhe
  • Windzone
  • Lage am Objekt
  • Dachneigung

bleiben dabei völlig unberücksichtigt. Ich erachte daher eine Berechnung (vielleicht nicht für jedes Objekt) mit dem vom Betrieb vorzugsweise verwendeten Bügel als durchaus sinnvoll. Insbesondere dann, wenn es sich um große Gebäudehöhen in exponierter Lage oder bei großen Dämmstärken handelt oder wenn bei großen Fassadendämmstärken der tragfähige Ankergrund nur weit hinten vorzufinden ist.

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