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Plug-in-Hybride: Wie man Klimaanlagen zur Raumheizung nutzen kann

Karsten Liebmann
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Ein typischer Herbstmorgen. Kalt und verregnet. Björn Strom schaut über die Dächer der Stadt. Der HLK-Spezialist sieht die vielen Außengeräte der Klimaanlagen bereitstehen für die nächsten heißen Tage. Doch die werden noch eine ganze Weile auf sich warten lassen. Tatsächlich könnten viele dieser Split-Klimageräte als Luft-Luft-Wärmepumpen heute schon zu einer etwa 20-prozentigen Senkung der individuellen Heizkosten und 35-prozentigen Verringerung der CO₂-Emissionen beitragen, würden sie temperaturgesteuert zur Wärmeerzeugung genutzt. Bei der Zahl der insgesamt installierten Geräte lässt sich nicht nur ein individueller Nutzen, sondern auch ein Effekt für den landesweiten Energiebedarf erwarten. Strom rechnet es durch.

Split-Klimageräte werden meist nur zur Klimatisierung montiert. Dabei könnten sie auch zur Heizung beitragen.

Hybrid-Betrieb bietet Chancen in der Gebäudeheizung

Viele Gewerbe- und Privatgebäude sind heutzutage mit Klimaanlagen ausgestattet – entweder wegen des Komforts oder um gesetzliche Anforderungen an die Temperaturen am Arbeitsplatz zu erfüllen. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Klimaanlagen um Luft-Luft-Wärmepumpen. Ein Innengerät entzieht der Raumluft Wärme und kühlt sie ab. Ein separates Außengerät gibt die über den Kompressor in ihrer Temperatur erhöhte Wärme an die Umgebungsluft ab. Die Klimaanlagen arbeiten vorrangig im Sommer. Die meisten von ihnen sind jedoch in der Lage, im Umkehrbetrieb zu arbeiten. Sie könnten die Wärme der Umgebungsluft durch den Kompressor auf ein höheres Temperaturniveau heben und damit zur Gebäudebeheizung beitragen. Diese Betriebsart ist jedoch nicht weit verbreitet. Meistens stehen die Klimaanlagen nur in Wartestellung für den Kühlbetrieb.

Die Effizienz von Wärmepumpen definiert ihre Leistungszahl (engl.: coefficient of performance = COP). Sie gibt das Verhältnis von abgegebener Wärmeleistung zur eingesetzten Leistung an. Bei mechanischen Wärmepumpen mit Kompressor – wie in Luft-Luft-Klimageräten verbaut - wird die eingesetzte Leistung in Form von elektrischer Energie eingebracht. Der COP gibt also das Verhältnis von erzeugter Wärme zu eingesetztem Strom an. Moderne Klimageräte haben im Heizbetrieb etwa die in Abb. 1 angegebenen Leistungsdaten.

Abb. 1 Herstellerdaten Daikin RXYQ-U [1]

Da die Leistungszahl über den gesamten Arbeitsbereich der Wärmepumpe immer größer als 1 ist, verbraucht die Wärmepumpe über den gegebenen Betriebsbereich stets weniger Energie in Kilowatt als beispielsweise ein konventioneller Heizkessel oder die Fernwärmeversorgung, um die gleiche Wärmemenge bereitzustellen. Die Crux: Bei der von der Wärmepumpe verbrauchten Energie handelt es sich um elektrischen Strom. Er kostet pro Kilowattstunde etwa vier- bis fünfmal so viel wie Fernwärme oder Heizwärme aus Erdgas. Weiterhin ist eine Kilowattstunde elektrischer Strom verglichen mit einer Kilowattstunde Heizwärme aus Gas mit circa zwei- bis dreimal höheren CO2-Emissionen verbunden.

Kipppunkte bestimmen Start der Wärmepumpe

Wie Abb. 1 zeigt, liegt bereits bei einer Außentemperatur von 7 °C die Leistungszahl über dem Kostenverhältnis von Strom zu konventioneller Heizwärme und bei 2 °C über dem Emissionsverhältnis von einer Kilowattstunde Strom zu einer Kilowattstunde Heizwärme aus Gas. Das heißt, oberhalb dieser Temperaturen fällt der Betrieb einer Luft-Luft-Wärmepumpe kostengünstiger und emissionsärmer aus als der einer Gasheizung. Für einen Hybridbetrieb bedeutet das: Bei Temperaturen oberhalb des Kipppunktes lässt sich zur Effizienzverbesserung die Wärme aus konventioneller Erzeugung durch eine strombasierte plug-in-Wärmeerzeugung ersetzen.

Die Kipppunkte lassen sich präzise bestimmen. Einen Normnutzungsgrad von 98 % für einen Gaskessel angenommen, ergibt sich bei einem Strompreis von 0,28 €/kWh und einem Gaspreis von 0,0662 €/kWh der Kosten-Kipppunkt bei 3,6 °C (Abb. 2).

Abb. 2 Heizkosten als Funktion der Außentemperatur

Die Emissionen betrachtet, wird der Kipppunkt schon bei -4,6 °C erreicht (CO₂-Emissionen Strom: 0,427 kg/kWh, CO₂-Emissionen Erdgas: 0,181 kg/kWh) (Abb. 3). Für den betrachteten Fall ist es also kostengünstiger, die Klimaanlage oberhalb 3,6 °C Außentemperatur zuzuschalten und den Gaskessel abzuschalten oder ihn im Parallelbetrieb mit abgesenkten Sollwerten an den Temperaturreglern weiter zu betreiben.

Abb. 3 Emissionen als Funktion der Außentemperatur

Mit diesem Schalt-Betrieb ginge auch eine deutliche Reduktion der Emissionen einher, da die Wärmepumpe schon oberhalb einer Temperatur von -4,6 °C durch ihren Stromverbrauch geringere spezifische Emissionen verursacht als die Verbrennung von Erdgas. Der heutige Strom-Mix besteht zu 46% aus erneuerbarem Strom. Dieser Anteil ist in den spezifischen CO2-Faktoren des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle [2] bereits eingerechnet. Noch größere Emissionsverringerungen lassen sich beim Einsatz von Ökostrom oder von Strom aus der eigenen Photovoltaik erreichen.

Die Kipppunkte für den Hybrid-Betrieb von Wärmepumpe und Heizkessel sind fallspezifisch und hängen von den Effizienzdaten der Wärmeerzeuger sowie von den Emissionen der Stromerzeugung ab. Letztere werden mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien weiter sinken. Sie hängen außerdem stark vom Preis- bzw. Emissionsverhältnis von Strom zu Gas ab. Eine proportionale Erhöhung der Preise für Strom und Gas würde den Umschaltpunkt nicht ändern. Eine alleinige Erhöhung der Gaspreise um 10 % würde den Kipppunkt um etwa 1 °C nach unten und eine ebensolche Erhöhung des Strompreises bei konstantem Gaspreis den Kipppunkt um zirka 1 °C nach oben verschieben.

Hybrid-Betrieb amortisiert sich nach zwei Jahren

Um den Hybrid-Betrieb automatisieren zu können, ist eine Schaltung nötig, die mit einer gewissen Hysterese den Gaskessel und die Wärmepumpe außentemperaturabhängig alternierend zu- bzw. abschaltet. Sie stellt eine zusätzliche Investition zwischen 1000 und 2000 € dar. Die mit ihr möglichen Einsparungen lassen sich mit den durchschnittlichen Klimadaten der Station Leipzig beim Deutschen Wetterdienst [3] berechnen.

Aus den Gradtagzahlen leiten sich die monatlichen Verbrauchsanteile analog zur Richtlinienreihe VDI 2067, Blatt 1, Tab. 22 ab. Bei einem jährlichen Heizenergie-Gesamtbedarf von 70 000 kWh im betrachteten Fall (Altbau mit Denkmalstatus, 800 m², Büronutzung) lässt sich der monatliche Wärmebedarf abschätzen (Abb. 4).

Abb. 4 Monatliche Klimadaten und Wärmeverbrauchsanteile

Weiterhin kann auf Basis der Wärmepumpen-Leistungszahlen an verschiedenen Temperatur-Stützpunkten die mittlere Leistungszahl in den jeweiligen Monaten anhand der korrespondierenden mittleren Temperatur an den Heiztagen interpoliert werden.

Werden nun gemäß dem monatlichen Heizenergiebedarf die jährlichen Kosten für Gas – beim Betrieb eines Niedertemperaturkessels mit einem Normnutzungsgrad von 98 % und dem oben angegebenen Gaspreis – und Strom – beim Betrieb der Luft-Luft-Wärmepumpe mit der mittleren Leistungszahl und den aktuellen Strompreisen – und die entsprechenden Emissionswerte berechnet, ergeben sich die Werte in Abb. 5.

Abb. 5 Monatliche Gegenüberstellung der Kosten und Emissionen

Es zeigt sich, dass der Gaskessel in den Monaten Januar, Februar und Dezember niedrigere Kosten verursacht als die Wärmepumpe. Damit wird etwas weniger als 50 % des jährlichen Heizbedarfes abgedeckt. In den restlichen neun Monaten kann die Wärmepumpe die verbleibenden etwas über 50 % des Jahres-Gesamtbedarfs kostengünstiger zur Verfügung stellen.

Für den Hybrid-Betrieb mit Wärmepumpe entstehen bei einem Schaltpunkt von 3,6 °C Gesamtkosten für Strom und Gas von 3839 €. Der Gaskessel alleine würde die Heizaufgabe für jährliche Kosten von 4750 € erbringen. Das bedeutet eine Einsparung von etwa 20 % durch die zusätzliche Steuerungskomponente, die sich in etwa zwei Jahren amortisieren würde.

Der Effekt des Hybrid-Betriebs auf die CO2-Emissionen fällt noch stärker aus als bei den Kosten. Hier können – bei reduzierten Kosten – etwas über ein Drittel der mit der Bereitstellung von Heizwärme verbundenen Emissionen verhindert werden.

Die oben errechneten Einsparungen hängen von der lokalen Kostensituation und den Leistungszahlen der eingesetzten Luft-Luft-Wärmepumpe sowie des konventionellen Wärmeerzeugers ab. Der Umschaltpunkt zwischen konventioneller Heizung und Wärmepumpe muss daher für jeden Anwendungsfall einzeln bestimmt werden. Das wird zu abweichenden Einsparungen führen. Die für diese Berechnung verwendeten fallspezifischen Daten sind jedoch real und durchaus typisch. Daher kann man davon ausgehen, dass die hier berechneten Einsparungen real und typisch sind und in den meisten Fällen signifikante Einsparungen von Kosten und Emissionen möglich sind. Davon geht HLK-Spezialist Björn Strom aus.

Zusammenfassung

Wird eine Klimaanlage als Luft-Luft-Wärmepumpe im Heizmodus alternierend mit dem konventionellen Wärmeerzeuger mit betrieben, lassen sich die jährlichen Heizkosten um bis zu 20 % und die CO₂-Emissionen um etwa 33 % senken. Der Hybrid-Betrieb erfolgt abhängig von einem Außentemperatur-Kipppunkt. Oberhalb der Kipppunkt-Temperatur versorgt die Wärmepumpe das Gebäude mit Wärme, unterhalb des Umschaltpunktes der konventionelle Wärmeerzeuger.

Unterhalb des Kipppunktes ergibt der Quotient aus Energiekosten und Nutzungsgrad beispielsweise des Gaskessels ein günstigeres Kostenverhältnis und oberhalb der Quotient aus Stromkosten und Leistungszahl eine verbesserte Kosten- und Emissionslage. Dabei hängt die Einstellung des Umschaltpunktes vom spezifischen Strom-Wärme-Preisgefüge sowie den Leistungszahlen des Wärmerzeugers und der Wärmepumpe ab. Er muss für jeden Fall separat bestimmt werden.

Die Installation einer Außentemperatur-gesteuerten Schaltung für den Hybrid-Betrieb stellt einen kleinen Kostenfaktor im Vergleich zur Kostenreduktion dar und kann sich in etwa zwei Jahren amortisieren.

Dieser Artikel von Dr. Karsten Liebmann ist zuerst erschienen in GEB 10/2021. Dr. Karsten Liebmann ist promovierter Diplom-Ingenieur für Systemverfahrenstechnik mit jahrelanger Erfahrung im Energiebereich. Er arbeitet als BAFA-zertifizierter Energieberater für den Mittelstand und als EDL-G-Auditor. info@pinch-analyse.de

Literatur

[1] Technische Produktdaten für RXYQ-U, Daikin Deutschland-Internetseite am 24.02.2021, www.bit.ly/geb211001

[2] Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, Modul 4: Energiebezogene Optimierung von Anlagen und Prozessen - Publikationen, Internetseite am 18.01.2021, www.bit.ly/geb211002

[3] Institut Wohnen und Umwelt, Energiebilanzen für Gebäude, Internetseite am 03.11.2020, www.bit.ly/geb211003

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