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Renovieren und sanieren mit BIM

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Drei Buchstaben beschreiben die Zukunft der Baubranche – BIM. Sie stehen für Building Information Modeling, eine Methode, bei der Architekt und Fachplaner ein Gebäude nicht am Zeichenbrett entwerfen, sondern zunächst ein digitales Modell des Bauwerks entwickeln.

In diesem hinterlegen sie alle Bauteile mit einer Fülle von Informationen etwa dem Material, aus dem Wände und Decken bestehen sowie ihren genauen Maßen. Angaben zum Hersteller von Fenstern und Türen oder das Einbaudatum von Heizkesseln finden sich in dem Modell ebenso wie Bedienungsanleitungen und Wartungsverträge.

BIM senkt unnötige Mehrkosten

Da alle an einem Bauvorhaben Beteiligten ihre Planungen in dasselbe Modell eintragen, kann dieses bei einem BIM-Projekt noch vor dem ersten Spatenstich automatisch prüfen, ob Gas-, Wasser- und elektrische Leitungen verlaufen können wie geplant, oder ob etwa der Sanitärplaner ein Wasserrohr dort verlegen will, wo der Statiker einen Stahlträger vorgesehen hat.

Werden solche Widersprüche erst auf der Baustelle erkannt, müssen Arbeiter bereits gebaute Gebäudeteile unter Umständen wieder abreißen. Das führt zu hohen Mehrkosten. Diese sparen sich Bauherrn durch das Building Information Modeling.

Weniger Nacharbeiten, weniger Streit

Mit der Methode geplante und gebaute Gebäude werden in der Regel auch schneller fertiggestellt. Dank der größeren Planungsqualität sinkt zudem die Zahl der Reklamationen und Nacharbeiten. Davon sind drei von vier Planern und Bauunternehmern überzeugt, die von der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers jüngst für eine Studie zu BIM befragt wurden. Sechs von zehn Teilnehmern berichteten außerdem, dass es bei BIM-Projekten seltener zu gerichtlichen Auseinandersetzungen mit dem Bauherrn kommt.

Durch die Fülle der in dem digitalen Modell hinterlegten Informationen lassen sich Gebäude zudem günstiger und effizienter instandhalten. Dadurch sinken über den gesamten Lebenszyklus des Bauwerks die Kosten für die Immobilie, obwohl Architekt und Planer für die Erstellung des Modells sowie die Erfassung und Einarbeitung der geforderten Daten mehr abrechnen als bei der klassischen Planung.

Zwei Drittel des Bauvolumens entfallen auf den Bestand

Da die Vorteile überwiegen, setzen immer mehr Bauherrn und Architekten Neubauprojekte mit BIM um. Neubauten machten 2020 jedoch nur ein Drittel des Bauvolumens in Deutschland aus, hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung ermittelt. Fast 68 Prozent ihrer Umsätze erzielten Hochbauunternehmen vergangenes Jahr dagegen mit der Sanierung und Instandsetzung bestehender Gebäude.

Zu diesen gibt es in der Regel kein digitales Modell. Handwerker können Sanierungsmaßnahmen daher nur aufgrund von Vermutungen und Annahmen über den baulichen Zustand des Gebäudes planen. Oft gewinnen sie erst auf der Baustelle Klarheit darüber, wie Leitungen im Mauerwerk verlaufen und aus welchen Materialien einzelne Bauteile bestehen.

Deshalb kommt es bei Arbeiten in Bestandsgebäuden vor allem auf ihre Erfahrung und ihr Improvisationsvermögen an. Dank ihres Wissens können Handwerker schnell auf unerwartete Gegebenheiten reagieren und passende Lösungen finden.

Vorhandene Pläne stimmen selten

Meistens stoßen sie bei Renovierungsarbeiten im Bestand auch auf Abweichungen zwischen dem real existierenden Gebäude und den vorhandenen Papierplänen. Denn fast immer weichen Architekt und Bauunternehmen während der Bauarbeiten von der ursprünglichen Planung ab. Nur selten dokumentieren sie dies jedoch auf ihren Plänen.

Das führt zu gewaltigen Problemen, wie ein Beispiel der Jade Hochschule in Oldenburg zeigt, das stellvertretend für viele Bau- und Renovierungsmaßnahmen im Bestand steht. Die Hochschule begann 2020, ihr Studierenden-Service-Center zu erweitern. Dazu wollte sie auf das bestehende Gebäude als Stahlbaumodule vorgefertigte Geschosse aufsetzen. Diese waren bereits angefertigt, als auffiel, dass die Maße des bestehenden Treppenhauses um bis zu 16 Zentimeter von den Angaben in den vorhandenen Papierplänen abwichen. Mit diesen hatten der Architekt und der Stahlbauer gearbeitet.

Trotz der Schwierigkeiten kann die Hochschule die neuen Räumlichkeiten jedoch wie geplant im Mai 2021 in Betrieb nehmen. Denn um die erforderlichen Anpassungen an den Stahlmodulen präzise ausführen zu können, wurde das bestehende Gebäude während der Bauarbeiten in nur einer Stunde mit einem 3D-Laserscanner millimetergenau vermessen. Hätten Architekt und Stahlbauer dies schon zu Beginn ihrer Planungen getan, hätten sie die Module nicht nacharbeiten müssen.

Die digitale Erfassung des Gebäudes ist unverzichtbar

Das Beispiel zeigt: Wer Renovierungsarbeiten im Bestand mit BIM umsetzen will, muss zunächst alle für die Planung wichtigen Informationen zu dem Gebäude erfassen und in einem Modell hinterlegen. Dazu muss er das bestehende Gebäude mit Tachymetern, Drohnen oder 3D-Laserscannern exakt einmessen.

Diese Methoden der Bestandserfassung sind in den letzten Jahren immer günstiger und einfacher in der Handhabung geworden. Inzwischen bietet sie auch eine große Zahl von Dienstleistern an.

Diese beherrschen oft nicht nur unterschiedliche Vermessungsmethoden, sondern erstellen aus den gewonnenen Daten auch digitale Modelle. Das macht ihre Dienste für Handwerker besonders attraktiv. Sie können so auf die Vorzüge von BIM setzen, ohne ihren Betrieb vorher kostspielig digitalisiert zu haben. Zugleich sparen sie sich die Zeit für ein aufwändiges händisches Aufmaß, das dann mitunter doch einen Fehler enthält.

Drohnen vermessen komplizierte Dachgeometrien

Das zeigt ein Pilotprojekt des Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrums Planen und Bauen, mit dem die Bundesregierung die Digitalisierung in Handwerksbetrieben fördert. Bei dem Projekt ließ der mit der Sanierung beauftragte Dachdecker die äußerst komplexe Geometrie eines 155 Quadratmeter großen Daches eines Wohnhauses in der Bonner Kaiserstraße im Zuge einer Drohnenbefliegung vermessen.

Sein Dienstleister lieferte ihm in nur drei Tagen exakte Maße zu allen Flächen und Schrägen sowie ein photogrammetrisches Modell, in dem sich alle Versprünge, Unregelmäßigkeiten und Anschlussdetails so genau erkennen lassen wie in der Realität. Mit den Maßen und dem Modell konnte der Handwerksbetrieb nicht nur die auszuführenden Arbeiten präzise planen. Er konnte mit ihnen auch ein belastbares Angebot erstellen und hatte nach den Arbeiten eine maßgenaue Grundlage, um seine Leistungen abzurechnen.

Am BIM-Prozess sind viele Experten beteiligt

Wenn mehrere Betriebe und Planer mit den bei der digitalen Vermessung eines Gebäudes gewonnenen Daten arbeiten wollen, sollten sie jedoch darauf achten, dass der Vermessungsdienstleister diese in einem Format übergibt, das die Software unterschiedlicher Hersteller lesen und verarbeiten kann. Erst „offene“, herstellerunabhängigen Formate wie der Standard „Industry Foundation Class“ (IFC) oder das vom BIM-Verband buildingSMART International entwickelte und gepflegte „BIM Collaboration Format“ (BCF) erlauben es, Informationen allen Beteiligten in einer gemeinsamen Datenumgebung – auf Englisch Common Data Environment (CDE) – zur Verfügung zustellen.

Eine CDE ist meist eine Cloudlösung, in der neben der Gebäudegeometrie in Form des 3D-Modells auch weitere Bauteilinformationen, Fotos oder eingescannte Pläne unabhängig von ihrem Datenformat eingesehen und bearbeitet werden können.

Gemeinsame Datenumgebung ist bei BIM-Projekten im Bestand besonders wichtig

Bei Renovierungen im Bestand ist sie besonders wichtig. Denn dabei lässt sich meist nicht vermeiden, dass die am Projekt Beteiligten auch mit Planzeichnungen und Bildern arbeiten. Zu Beginn der Planung stehen ihnen oft nur diese Unterlagen zur Verfügung. Erst nach der Vermessung des Bauwerks können sie auch auf die im Modell abgebildete Gebäudegeometrie zugreifen.

Doch auch dann gewinnen einzelne Planer und Handwerker während der Arbeiten noch fortlaufend Erkenntnisse über das Gebäude, die sie mit den übrigen Beteiligten teilen wollen, aber nur mit Fotos oder kurzen Beschreibungen dokumentieren können. Diese Informationen können sie in einer mit offenen Datenformaten arbeitenden CDE einfach an die im digitalen Modell abgebildeten Bauteile angeheftet. So sind sie sofort allen anderen Projektbeteiligten zugänglich. In der CDE können sich diese zudem über die neuen Erkenntnisse über das Bauwerk austauschen, Arbeiten planen und Aufgaben verteilen.

So sorgen die digitalen Möglichkeiten, bestehende Gebäude zu vermessen, mit den Daten ein Modell des Bauwerks zu erstellen und in einer gemeinsamen Datenumgebung zu teilen und gemeinsam zu bearbeiten dafür, dass auch bei Renovierungsmaßnahmen im Bestand die drei Buchstaben BIM die Zukunft prägen.

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