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Trinkwasser: So bleibt kaltes Wasser dauerhaft kalt

Timo Kirchhoff
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Das Verkeimungsrisiko des Trinkwassers mit Legionellen wurde in der Vergangenheit in erster Linie im Trinkwassererwärmer und in den zugehörigen Warmwasser- bzw. Zirkulationsleitungen gesehen. Studien machen deutlich, dass Kontaminationen auch im kalten Trinkwasser (PWC) erwartet werden müssen. Eine statistische Auswertung von über 20.000 Messungen ergab, dass 12% der Warmwasserproben Legionellen und fast 3% Pseudomonaden enthielten, beide wurden aber auch wesentlich häufiger als erwartet im kalten Trinkwasser gefunden. Hohe Umgebungslufttemperaturen sind die Hauptursache für kritische Kaltwassertemperaturen. 

Grundlagen der Trinkwasserhygiene

Der länger andauernde Kontakt von Trinkwasser mit den Werkstoffen (z. B. Rohrleitungs- und Armaturenwerkstoffen) kann zu einer Aufkonzentrierung von Nährstoffen durch Migration von Werkstoffbestandteilen in das Trinkwasser führen. Eine Kombination aus schlechter Werkstoffqualität (z. B. nicht nach DIN EN 16421 [2] geprüfte Materialien), Stagnation und ungünstiger Wasserbeschaffenheit fördern die Entwicklung eines Biofilms [3], in dessen Schutz sich auch fakultative Krankheitserreger, im internationalem Schrifttum sehr kennzeichnend als OPPP (Opportunistic Pathogens Premise Plumbing) bezeichnet, vermehren können.

Des Weiteren fehlt in Stagnationsphasen ein Abtransport und damit eine Verdünnung der in den Wasserkörper gelangten Nährstoffe und der planktonischen Mikroorganismen. Stagnation schafft darüber hinaus Vermehrungsvorteile für die OPPPs. Die Nährstoffabgabe aus Materialien, die im Kontakt mit Trinkwasser stehen, muss so weit wie technisch möglich reduziert werden. Alle Materialien sind auf ihre „mikrobielle Eignung“ für den Bereich Trinkwasser zu überprüfen. Diese „mikrobielle Eignung“ ist eine Grundforderung von § 17 TrinkwV [4] und wird vom Umweltbundesamt als wichtiges Beurteilungskriterium für die Erstellung von Material-Positivlisten herangezogen [5].

Zusätzlich gleichen sich in Stagnationsphasen auch bei normgerechter Dämmung der Rohrleitungen die Temperaturen des Trinkwassers an die Temperaturen der Umgebungsluft an (Bild 1), die dann im Vermehrungsbereich der Erreger liegen. Niedrige Temperaturen bieten den Erregern schlechte oder keine Wachstumsbedingungen. Temperaturen nahe dem Wachstumsoptimum ermöglichen ein schnelles Wachstum. Bei Legionellen, atypischen Mykobakterien, aber auch bei Pseudomonaden (Pseudomonas aeruginosa) sind Temperaturbereiche zwischen > 25 °C und < 55°C, insbesondere aber 30 bis 42 °C, strikt zu vermeiden.

Bild 1: Das Bild zeigt ein gemessenes Temperatur-Zapfprofil bei Kaltwasserentnahme und Umgebungslufttemperaturen > 25 °C im Bereich der Vorwandinstallation.

Häufig übersehen wird dabei der Kaltwasserbereich, in dem es durch Wärmeübergang (z.B. gemeinsame Rohrleitungsführung in abgehängten Decken) zum regelhaften und über längere Zeiträume andauernden Überschreiten von 25°C kommen kann. Als sichere Temperatur wird in der DVGW-Wasserinformation 90 [6] nur eine Temperatur von < 20°C angesehen. Das entspricht auch vielen internationalen Vorgaben.

Um das Wachstum von Mikroorganismen zu minimieren, müssen neben der Stagnationsvermeidung und der Begrenzung des Nahrungsangebotes insbesondere die Temperaturbereiche vermieden werden, die im Wachstumsoptimum der Erreger liegen und die das Mikrobiom für den Aufwuchs von fakultativen Krankheitserregern positiv beeinflussen.

Einfluss innerer Wärmelasten

In Installationsbereichen sorgen neben den warmgehenden Leitungen der Sanitär- und Heizungstechnik weitere Wärmequellen (z. B. aus der Elektro- und Lüftungstechnik) für Lufttemperaturen, die erfahrungsgemäß deutlich höher liegen als 25°C. Der Wasserinhalt einer hier installierten kalten Trinkwasserleitung wird selbst bei hochwertiger Dämmung gemäß DIN 1988-200 [7] in einer kurzen Stagnationsphase bis auf Umgebungstemperatur erwärmt. Bei den heute noch üblichen Installationsstandards muss damit gerechnet werden, dass nach einer Stagnationsphase kurzzeitig übererwärmtes Kaltwasser mit Temperaturen > 25°C aus der Entnahmearmatur austritt.

Nach Ablaufenlassen des Stagnationswassers muss gemäß DIN 1988-200 [7] und DIN EN 806-2 [8] aber spätestens nach 30 Sekunden die Temperatur des kalten Trinkwassers geringer sein als 25°C. Gelingt dieser Nachweis nicht, ist die Gebrauchstauglichkeit der Trinkwasserinstallation im Sinne dieser normativen Regel nicht mehr gegeben.

Um künftig dem Verbraucher auch nach einer Stagnationsphase kaltes Trinkwasser mit Temperaturen < 25°C zur Verfügung zu stellen, müssen in einem ersten Schritt zunächst die bisher üblichen Installationsgewohnheiten unter der Zielsetzung einer konsequenten thermischen Entkopplung der kalten Trinkwasserleitungen von Wärmequellen grundlegend verändert werden! Mit planerischen Maßnahmen muss dabei die Wärmeübertragung (Strahlung, Leitung, Konvektion) von Wärmequellen auf Kaltwasserleitungen reduziert bzw. unterbrochen werden [9].

Eine thermische Entkopplung der kalten Trinkwasserleitungen von potenziellen Wärmequellen lässt sich jedoch nicht immer ohne Weiteres realisieren, wie z.B. bei horizontalen Verteilungskonzepten in temperaturkritischen Zwischendecken. Bereits in diesem Fall kann bei zu geringem Wasserverbrauch die vom kalten Trinkwasser aus der Umgebungsluft aufgenommene Wärme nicht mehr abgeführt werden. Dies führt ggf. zu einer Temperaturerhöhung des kalten Trinkwassers auf Umgebungslufttemperatur.

Zur Temperaturhaltung müssen daher noch zusätzlich aktive Prozesse etabliert werden, mindestens automatisierte Wasserwechsel- und Spülmaßnahmen. Aktive Prozesse zur Temperaturhaltung sind auch dann erforderlich, wenn Trinkwasserinstallationen nur periodisch genutzt werden, mit Leerstand an Wochenenden oder in Ferienzeiten und Stagnationsphasen über mehrere Tage bzw. Wochen.

Einfluss äußerer Wärmelasten

Häufig wird vernachlässigt, dass neben den zuvor aufgeführten inneren Wärmelasten auch äußere Wärmelasten einen erheblichen Einfluss auf die Erwärmung des kalten Trinkwassers haben können. Im Winter sind die Raumlufttemperaturen, die die Lufttemperaturen in Vorwänden, Schächten oder abgehängten Decken beeinflussen, weitgehend konstant und liegen zwischen 22 °C und 24 °C. Äußere Wärmelasten treten in den Wintermonaten nicht auf, da die Raumlufttemperaturen in der Regel immer höher sind als die Außenlufttemperaturen.

In den Sommermonaten kehren sich die Verhältnisse um. Die Außenlufttemperaturen sind in diesem Zeitraum meistens höher als die Raumlufttemperaturen. In nicht klimatisierten Gebäuden nähern sich dadurch in den Sommermonaten auch die Lufttemperaturen in den Installationsräumen den jeweils vorherrschenden Außenlufttemperaturen an. Modellrechnungen zeigen, dass im Winter, bei einer Vollbelegung eines Installationsschachtes mit Heizungs- und Warmwasserleitungen (Bild 2), die mittlere Umgebungslufttemperatur mit 26,2 °C erwartet werden muss. An einem warmen Sommertag, bei abgeschalteter Heizung und Raumlufttemperaturen von 27 °C, ergibt sich rechnerisch eine mittlere Umgebungslufttemperatur im Luftverbund Schacht/Vorwand von 28,2 °C (Bild 3).

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