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Darum wird die Kaltwasserhygiene immer kritischer

Dr. Christian Schauer
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Die DVGW-Information Wasser Nr. 90 und das UBA empfehlen, bei Legionellenuntersuchungen eine Temperaturmessung von PWC an den Entnahmestellen vorzunehmen. Denn erhöhte PWC-Dauertemperaturen führen oft zu Verkeimungen der gesamten Anlage.

Die Temperaturmarke von Trinkwasser kalt (PWC) von maximal 25 °C an der Entnahmestelle einer Trinkwasserinstallation ist seit vielen Jahren in den Regelwerken verankert, wie z. B. in der DIN 1988-200 [1] – und damit auch in den Köpfen der SHK-Fachhandwerker.

Die Empfehlung der VDI/DVGW-Richtlinie 6023 Blatt 1 lautet jedoch, dass die PWC-Temperatur nicht über 20 °C ansteigen sollte [2]. Damit folgt die Richtlinie den Erkenntnissen des Robert-Koch-Instituts, welche Maximaltemperatur eingehalten werden sollte, um das Wachstum von Krankheitserregern zu verhindern [3].

Legionellenrisiko in kaltem Trinkwasser nimmt zu

Doch gerade in ausgedehnten Trinkwasseranlagen kommt es immer häufiger zu Kaltwassertemperaturen, die sogar den „Kompromisswert“ von 25 °C überschreiten: an den Entnahmestellen, aber auch im Verteilersystem.

Die Gründe dafür liegen in der Regel in Unterbrechungen des bestimmungsgemäßen Betriebs, sind Folge eines unzureichenden Wasseraustauschs sowie zu hoher Wärmelasten entlang der Trinkwasserrohrleitungen.

Stagnierendes Wasser in warmer Umgebung bietet ideale Wachstumsbedingungen für Keime. Als Ergebnis kommt es häufig zu einer Kontamination von Trinkwasser kalt. Nachgewiesen wird dabei nicht nur das typischerweise in PWC vorkommende Bakterium Pseudomonas aeruginosa, sondern auch Legionella pneumophila. Ein gesundheitsgefährdendes Legionellenwachstum wurde bislang vornehmlich nur für Trinkwasser warm (PWH) als Risiko wahrgenommen.

Allerdings machte schon die DVGW-Information Wasser Nr. 90 vom März 2017 darauf aufmerksam, dass eine Untersuchung der Trinkwasserinstallation auf Legionellen auch eine Temperaturmessung von PWC an den Entnahmestellen einschließen sollte. Sie könne ebenfalls Hinweise auf eine Kontamination der Trinkwasseranlage mit Legionellen geben [4]. Und nun ist der verbindliche Hinweis auf die Untersuchung von PWC auch in der am 18. Dezember 2018 neu veröffentlichten Empfehlung des Umweltbundesamtes (UBA) zur systemischen Untersuchung von Trinkwasserinstallationen auf Legionellen enthalten [5].

Kostenloses Whitepaper zum Download: Optimale Trinkwasserverteilung

Versorger liefern wärmeres Trinkwasser

Als Planungsprämisse für Trinkwasserinstallationen gilt eine Wassertemperatur am Hauswasseranschluss von 10 °C. Wie Forschungsergebnisse belegen, wird von den Versorgern das Wasser jedoch inzwischen mit einer durchschnittlichen Temperatur von 14,2 °C geliefert [6]. Ein wesentlicher Grund dafür ist der Klimawandel mit verschiedenen Auswirkungen auf die Temperaturen des Rohwassers. Zum einen steigt durch die höheren Lufttemperaturen der vertikale Temperaturgradient in Seen und Talsperren. Als Konsequenz nimmt die Durchmischung des warmen Oberflächenwassers mit dem kälteren Tiefenwasser ab. Lange Trockenperioden mit sinkenden Wasserständen führen zum anderen zu höheren Temperaturen auch in der Tiefe. Steigende Bodentemperaturen erwärmen das Wasser in den Verteilleitungen der Versorger zusätzlich [7].

Ein Forschungsprojekt wies in den Sommermonaten sogar Wassertemperaturen > 25 °C bereits im Wasserrohrnetz der Versorger nach [8]. De facto muss also der Fachmann davon ausgehen, dass sich bei einer Ausgangswassertemperatur von rund 14 °C und einer Maximaltemperatur von 20 °C an der weitesten entfernten Entnahmestelle das PWC in der Hausinstallation nur um 6 K erwärmen darf.

Welche Wärmelasten in der Trinkwasserverteilung auf das PWC in Abhängigkeit von Umgebungstemperatur und Leitungslänge einwirken, lässt sich nicht generell feststellen, sondern ist gebäudespezifisch zu betrachten. Mit der Finite-Elemente-Methode (FEM) können schließlich die Schachttemperaturen simuliert werden [9].

Die immer heißeren Sommertage werden auch für Trinkwasserinstallationen in großen Zweckbauten zur Herausforderung: Ein großes Risiko für die Trinkwasserhygiene besteht in einer unzulässigen Fremderwärmung des Trinkwassers kalt.

PWC-Erwärmung im Bereich der Hauptverteilung

In der vertikalen Hauptverteilung im Gebäude sind folgende Installationsumgebungen kritisch:

  • Trinkwasserhauptverteilungen in Technikzentralen mit hohen Wärmelasten von mehr als 25 °C
  • Enthärtungsanlagen etc. in Räumen mit Umgebungstemperaturen von mehr als 25 °C
  • Steigeschächte mit gemischter Installation von Leitung für Trinkwasser warm (PWH), Trinkwasser warm Zirkulation (PWH-C) und Trinkwasser kalt (PWC)
  • Steigeschächte mit gemischter Installation von Heizungsleitungen und PWC
  • Steigeschächte mit gemischter Belegung, die zum vorbeugenden Brandschutz mit isolierendem Material ausgeflockt sind.

Gerade in Sommermonaten mit langen Hitzeperioden sowie in Räumen mit direkter Sonneneinstrahlung kommen zu den regulären Wärmelasten noch weitere Wärmequellen hinzu. Wird dann nur über wenige Stunden kein Wasser gezapft, erhöht sich die PWC-Temperatur schnell über die kritische Marke von 25 °C. Der hygienische Idealbereich von 20 °C wird kaum noch erreicht. Die VDI-Richtlinie 2050 schreibt daher explizit vor, dass die Raumtemperatur in Technikzentralen mit Trinkwasserverteilungen keinesfalls 25 °C überschreiten darf [10].

Zu den Lösungsstrategien zählt daher zum einen, Hauswasseranschlüsse und Trinkwasserverteilungen nur in unbeheizten Kellerräumen ohne direkte Sonneneinstrahlung vorzusehen. Auch bei der Trassenplanung der Kellerverteilung ist auf den Aspekt der Sonneneinstrahlung und der Raumwärmelasten zu achten. Zum Standard sollte ebenfalls gehören, PWC-Leitungen mit der gleichen 100-Prozent-Dämmung zu umhüllen wie PWH- und PWH-C-Leitungen. Die Fremderwärmung von PWC im Steigstrang wird am besten mit der getrennten Installation von warm- und kaltgehenden Leitungen in separaten Schächten reduziert. Zu den kaltgehenden Leitungen zählen Lüftungsrohre, Abwasserrohre oder Feuerlöschleitungen zusammen mit PWC. In einem weiteren Schacht für warmgehende Leitungen werden PWH und PWH-C dann zusammen mit der Heizungszirkulation installiert.

Die gemischte Schachtbelegung von warm- und kaltgehenden Leitungen führt dazu, dass sich das Trinkwasser kalt stark erwärmt. Hinzu kommen oft Wärmelasten in abgehängten Decken und gedämmten Vorwänden. Die Aufnahme recht macht dies sichtbar.

Innen liegende Zirkulation als Problemlösungshilfe

Ist eine solche thermische Entkopplung von PWC baulich nicht möglich, sollte der Wärmeeintrag in den Schacht zumindest deutlich reduziert werden. Das ist zum Beispiel durch DVGW-zertifizierte Inliner-Zirkulationssysteme möglich. Beim Prinzip der innen liegenden Zirkulation wird das Rohr für den Zirkulationsrücklauf im Rohr der Leitung für PWH geführt. Dadurch verringern sich zum einen die Bereitschaftsverluste der PWH-C bzw. es erhöht sich der Anteil der nutzbaren Energie. Zum anderen wird die Wärmeabgabe in den Schacht deutlich reduziert und somit die Erwärmung des PWC.

Da mit der Installation eines Inliner-Zirkulationssystems eine separate Leitung für PWH-C entfällt, verringern sich entsprechend der Aufwand für die Wärmedämmung und die Brandschutzabschottung. Durch die kompakte Bauweise, den Einsatz zeitsparender Pressverbindungstechnik und die einfache Abschottung bei Deckendurchführungen auf Nullabstand lassen sich zudem die Installationskosten deutlich reduzieren.

Ein Vorteil der Inliner-Zirkulation im Vergleich zum klassischen System ist also zusätzlich zur Trinkwasserhygiene die Wirtschaftlichkeit [9, 11]. Die Stockwerksverteilung kann bei Inliner-Zirkulationssystemen ebenso wie bei getrennten Strängen mit Kunststoffrohren angeschlossen werden. Dabei handelt es sich laut Definition des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) um Mischinstallationen. Zu beachten ist, dass in puncto vorbeugendem Brandschutz hier generell besondere Anforderungen an die bauaufsichtliche Zulassung der Bauart gelten.

Die thermografische Aufnahme einer Armatur zeigt: Wird Trinkwasser warm direkt angeschlos-sen, kommt es zu einem gravierenden Wärmeübergang auf die Anschluss seite von Trinkwasser kalt.

PWC-Erwärmung im Bereich der Stockwerksverteilung

In der Trinkwasserinstallation auf der Etage finden sich folgende Risiken für die unzulässige Fremderwärmung von PWC:

  • Wärmestau in abgehängten Decken mit PWC-Leitungen, zum Teil verschärft durch den Wärmeeintrag von eingebauten Leuchtkörpern
  • gedämmte Trockenbauwände
  • direkt an die Zirkulation von Trinkwasser warm angeschlossene Wandarmaturen über Doppelwandscheiben [12].
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