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Agri-Photovoltaik: Weidezaun aus Solarmodulen

Sven Ullrich
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St. Martin bei Lofer ist ein kleines, gemütliches Dorf im Saalachtal, umrahmt von den Nördlichen Kalkalpen im Süden und den Chiemgauer Alpen im Norden. Auf halbem Weg von Salzburg nach Zell am See ist es nicht nur eine beliebte Ski- und Wanderregion. Ein zweites Standbein der Wirtschaft hier ist der Ackerbau und die Viehzucht. Auch Herbert Rohrmoser wollte den Landwirtschaftsbetrieb nicht aufgeben, den er von seinen Eltern übernommen hat. Er betreibt einen Bio-Legehennenbetrieb mit 1.000 Tieren, die den größten Teil des Jahres draußen auf der Weide stehen. Die grenzt direkt an sein Haus. Nur wenn es die winterlichen Temperaturen nicht zulassen, bleibt das Geflügel im Stall.

Mit Solarstrom die Kosten senken

Bisher begrenzte ein einfacher Drahtzaun das Grundstück. Der brauchte immer wieder Reparaturen. Neben der Arbeit hat das jährlich viel Geld verschlungen. Doch damit sind die Betriebskosten längst nicht beziffert. Neben dem Futter für seine Tiere braucht er viel Strom. Denn Herbert Rohrmoser betreibt zusätzlich zur Hühnerfarm noch das Restaurant D’Henasteig’n.

Dafür ist jede Menge Energie notwendig. Insgesamt liegt sein Stromverbrauch im gesamten Betrieb bei etwa 60.000 Kilowattstunden pro Jahr. „Um wiederum die Stromkosten zu minimieren, wollte er eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 20 Kilowatt auf die Dächer seiner Gebäude installiert haben“, erinnert sich Bernhard Stöckl. Er ist einer der Geschäftsführer von Elektrotechnik Leitinger, einem Projektierungs- und Installationsbetrieb von Solaranlagen mit Sitz in Leogang, nur wenige Kilometer südlich von St. Martin, direkt an der Grenze zu Tirol.

Kein Schnee stört die Stromerzeugung

Er hatte für Herbert Rohrmoser eine bessere Alternative. „Denn die Dachanlage wäre aufgrund der hier herrschenden Schneelasten sehr aufwendig gewesen. Dazu kommt noch, dass im Winter, wenn der meiste Strom gebraucht wird, die Anlage den geringsten Ertrag liefert“, erklärt Stöckl. Das liegt daran, dass dann in der Regel Schnee auf den Modulen liegt. Selbst wenn diese schneefrei bleiben, liefert die tiefer stehende Wintersonne zu wenig Energie, um genügend Strom aus der Anlage herauszulocken.

Die Doppelstabmatten zwischen Boden und Solarmodulen verhindern, dass die Hühner ausbüxen.

Gleichzeitig brauchte der Land- und Schankwirt aus St. Martin einen neuen Weidezaun. Deshalb hat Bernhard Stöckl ihn vom bifazialen Solarzaun überzeugen können, den Leitinger Elektrotechnik entwickelt hat. Denn der ist besser auf den winterlichen Sonnenstand ausgerichtet als eine Aufdachanlage. Zudem hat er den Vorteil, dass der senkrecht stehende Zaun meist schneefrei bleibt. „Im Extremfall sind die unteren Zellen eingeschneit“, sagt Stöckl. Dadurch sinkt zwar der Ertrag der Anlage, sie produziert aber weiterhin Strom. Zudem kann der Strom, den Rohrmoser nicht gleich verbraucht, zur Wassererwärmung verwendet oder in einer Batterie gepuffert werden. Dadurch kann er die für die Hühner lebenswichtige Lüftungsanlage im Stall auch bei einem Netzausfall weiter betreiben.

An alpine Bedingungen angepasst

Seit vergangenem Sommer ist der neue, bifaziale Solarzaun in Betrieb. Für dessen Entwicklung hat Bernhard Stöckl auf das System von ­Next2Sun zurückgegriffen. Das Unternehmen aus Merzig im Saarland hat das Anlagenkonzept der senkrecht aufgeständerten bifazialen Solarmodule entwickelt. Ursprünglich war das Konzept, die Konstruktion mit genügend Abstand zu Feldern aufzustellen, sodass die Landwirte weiterhin Ackerbau betreiben und gleichzeitig Strom ernten können.

Dabei wird für die Energieproduktion ein Minimum an Fläche belegt. „Wir durften gemeinsam mit Next2Sun unsere Idee eines Solarzauns vom Ursprungssystem ableiten, das für die Agrophotovoltaik ausgelegt war, und an unsere Bedingungen anpassen“, sagt Bernhard Stöckl. Außerdem hat er das Ursprungskonzept auch auf die spezifischen Herausforderungen in Österreich mit steilen Hängen und hohen Schnee- und Windlasten hin abgestimmt.

Die Ecken werden in der Regel mit Doppelstabmatten geschlossen.

Um den Zaun zu installieren, rammen die Monteure von Elektrotechnik Leitinger Pfosten im Abstand einer Modullänge in den Boden. Die Rammtiefe hängt von den örtlichen Bodenverhältnissen und der Höhe der Anlage ab. Sie liegt zwischen 1,5 und zwei Metern. Leitinger baut seine Zäune mit einer Modulreihe, sodass die Gesamthöhe von 1,5 Metern nicht überschritten wird. „Denn bis zu dieser Höhe ist der Bau der Zäune in Österreich genehmigungsfrei“, erklärt Bernhard Stöckl. Er hat die Erfahrung gemacht, dass die Nachbarn tatsächlich nachmessen, ob der Zaun die erlaubte Höhe überschreitet. Zwar ist das Modul nur knapp einen Meter hoch. Doch unter den Modulen bleiben etwa 50 Zentimeter Platz, damit die unteren Zellreihen im Winter nicht so leicht einschneien. In St. Martin wurde die Lücke mit einer Doppelstabmatte ausgefüllt, sodass die Hühner nicht entlaufen können.

Keine Versiegelung

Für Agrophotovoltaikanlagen bauen die Österreicher aber auch zwei Modulreihen übereinander, sodass die Anlage auf bis zu 2,86 Meter in die Höhe ragt. „Auch das ist in Österreich ohne Genehmigung erlaubt, wenn ein ausreichend großer Abstand zur Grundstücksgrenze eingehalten wird, sodass die Sicht mit einem Winkel von über 45 Grad nicht verdeckt wird“, weiß Bernhard Stöckl. „Voraussetzung ist, dass die Photovoltaikfläche unter 200 Quadratmeter bleibt.“ Alles, was größer gebaut wird, muss genehmigt werden. Dabei ist im Vergleich zu anderen Bauvorhaben auf Äckern leichter eine Genehmigung zu bekommen, da keine Fläche versiegelt wird und die Bewirtschaftung mit kleinen Einschränkungen aufrechterhalten bleibt.

Schwimmend gelagert

Nachdem die Rammpfosten gesetzt sind, werden zwischen ihnen die Querstreben und die Module eingesetzt. Die Paneele werden dabei nicht geklemmt, sondern nur in vier Modulhaltern fixiert, sodass sie schwimmend gelagert sind. So werden sie durch die thermische Bewegung der Unterkonstruktion aufgrund von Temperaturschwankungen nicht beschädigt. Leitinger verwendet für seine Solarzäune derzeit bifaziale Module von Jolywood. „Denn die erreichen auf der Rückseite 85 Prozent der Leistung der Vorderseite“, sagt Bernhard Stöckl. „Das sind bisher die besten Werte. Zusätzlich verwendet Jolywood N-Type-Perc-Zellen. Die verbaut zwar LG auch in seinen Modulen. Doch diese sind erheblich teurer als die Module von Jolywood.“

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