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Heizung zentral oder dezentral: Was rechnet sich wann?

Frank Urbansky
Die Skizzen zur Energieversorgung zeigen, dass es nicht nur einen richtigen Weg gibt.

Wer in einer größeren Stadt vor der Wahl steht, im Neubau oder einem grundsanierten Bestandsbau eine neue Heizungsanlage zu installieren, kommt um die Frage zentral oder dezentral nicht herum. Hier hilft nur eine Berechnung, ab wann die Leitungsverluste zentraler Anlagen durch genügend Anschlüsse aufgefangen werden. Ein Sonderfall ist, wenn die Kommune einen Anschlusszwang vorgibt. Der kann entweder für ihr Fernwärmenetz (sehr häufig) oder für ihr Gasnetz (weniger häufig) gelten, beide vom örtlichen und im kommunalen Besitz befindlichen Versorger betrieben.

In Deutschland existieren bisher über 1000 dieser Zwangsanschlüsse, häufig garniert mit Verbrennungsverboten für fossile, aber auch erneuerbare Energieträger wie Holz oder Pellets. Eine Übersicht über die Kommunen und die betroffenen Baugebiete findet sich hier.

Ein Anschluss an Wärmenetze lohnt sich wirtschaftlich nur unter bestimmten Voraussetzungen. In vielen Fällen wird dies jedoch per Anschlusszwang durch die Kommune vorgegeben.

Wann lohnt sich der Fernwärmeanschluss?

Besteht die Wahl zwischen dezentraler oder zentraler Heizung, muss der Bauplaner einschätzen, ab wann sich ein Fernwärmeanschluss lohnt. Einen ersten Anhaltspunkt liefert die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). Sie fördert Wärmenetze, die mindestens 500 kWh Wärme je Meter Trassenlänge und Jahr an die Angeschlossenen abgeben, und bietet somit einen gewissen finanziellen Anreiz. Denn die Förderbank zahlt 60 Euro je Trassenmeter bis zu einem Höchstbetrag von 1 Million Euro.

Die Wirtschaftlichkeit ergibt sich jedoch erst aus der Formel „15 Kilowattstunden je Quadratmeter Wohnfläche im Jahr“. Bezeichnet wird damit der Maximalverlust, den ein Wärmenetz überhaupt bei einem Neubauvorhaben erleiden darf. Bezogen auf die Trasse bedeutet das einen Verlust von rund 150 bis 250 kWh je Meter. Liegt der Wert schon in der Planung darüber, ist ausnahmslos auf dezentrale Wärmeversorger zu setzen. Für den Wohnungsbestand gelten höhere Werte von 25 bis 30 kWh je Quadratmeter Wohnfläche. Dies entspricht einem Trassenverlust von bis zu 500 kWh je Meter.

Ein weiterer Wert ist die Anschlussdichte, also die Anzahl oder der Anteil der Wohnungen, die in einem Netz auf jeden Fall angeschlossen werden müssen. Dieser sollte nie unter 90% liegen. Sprich: Wenn nur 10% der Wohnungseigentümer in einem Anschlussgebiet sich weigern, an der Versorgung via Wärmenetz teilzunehmen, sollten auch die übrigen 90% davon Abstand nehmen. Auch hier heißt die Lösung wieder dezentrale Wärmeversorgung.

In Zahlen ausgedrückt: 1350 bis 2250 kWh sollten je Trassenmeter und Jahr von allen angeschlossenen Wohnungen abgenommen werden, nach der Meinung von Wissenschaftlern wie Gunnar Eikenloff, der am Wolfenbütteler EOS Institut für energieoptimierte Systeme forscht. Das geht deutlich über die Förderbedingungen der KfW hinaus und hat seinen guten Grund. Denn landauf, landab gibt es unrentable Wärmenetze.

Netze sind oft unrentabel

Eikenloff untersuchte ein Objekt in Speyer, das mit 550m² Solarkollektorfläche und einem 100m³ Speicher 61 Einfamilienhäuser mit Nahwärme versorgte. Die solare Wärme reicht gerade mal aus, um die Netzverluste auszugleichen. Die Wärmeversorgung selbst erfolgt über einen Gasbrennwertkessel. Die Einspeisung der Solarwärme in das Netz ist also nahezu ein Nullsummen-Spiel und somit überflüssig.

Besonders prekär wird es, wenn Netze nicht in Städten wie Speyer, sondern in ländlichen Gegenden verlegt wurden. Denn hier ist für die Zukunft mit immer weniger Abnehmern zu rechnen. Dies resultiert einerseits aus der Landflucht, andererseits aus einer besseren Energieeffizienz der Häuser, die immer weniger Wärme benötigen und die bereits beschriebene Anschlussdichte immer unwahrscheinlicher werden lassen.

Solch ein Beispiel ist Neuerkerode. Dort betreibt die Evangelische Kirche ein Wohndorf mit über 800 Bewohnern. Die Entscheidung für Fernwärme fiel 1973, denn sie war die bequemste Form der Wärmeversorgung. Hier wurde ein Wärmeverlust von etwas mehr als 40 kWh je Quadratmeter und Jahr Wohnfläche ermittelt. Inzwischen ist geplant, 25 % des Netzes zurückzubauen und durch dezentrale Energieversorger zu ersetzen.

Parameter für Wärmenetze

  • Wohnflächenbezogener Verteilnetzverlust:10 – 15 kWh/(m² Wohnfläche und Jahr)
  • Verlustwerte Trasse: 150 – 250 kWh/m (max. 500 kWh/m im Bestand)
  • Netznutzungsgrad: über 90 % (88 – 90 % im Bestand)
  • KWK-Anteil Wärmeenergie: > 25 … 50 %
  • Anschlussdichte: mehr als 20 Wohneinheiten je Gebäude
  • Wärmebelegungsdichte (Abnahme): 500 kWh je Trassenmeter und Jahr (nach KfW- Förderrichtlinien)
  • 1350 bis 2250 kWh Trassenmeter und Jahr

Dezentral ist meistens effizienter

Da die Parameter für einen Wärmenetzanschluss in der Regel nur in Ballungsgebieten und in verdichteten Siedlungsräumen erreicht werden, kommen für alle anderen Fälle nur dezentrale Wärmequellen in Frage. Doch hier herrscht erst recht die Qual der Wahl. Der Installateur ist von Bauherren gerade im Bereich von Ein- und Zweifamilienhäusern auch als Ratgeber gefragt, welche Heizung die sinnvollste ist.

Einen ersten Anhaltspunkt liefert ebenfalls die Förderung. Vom Staat bezuschusst wird vorrangig, was erneuerbar ist. Dennoch ist es möglich, auch Öl- und Gas-Brennwerttechnik zu fördern. Zum einen gelingt dies durch das Marktanreizprogramm MAP. Das gilt jedoch immer nur in Kombination mit einer erneuerbaren Wärmequelle. In der Regel ist dies Solarthermie. Möglich sind für solche Hybridsysteme aber auch Biomasse-Heizkessel oder -öfen, die den Heizungskreislauf unterstützen. Zum anderen fördert die KfW eine Heizungserneuerung auch bei Öl und Gas, und zwar mit 15% der Investitionssumme. Voraussetzung ist Brennwerttechnik. Doch die ist inzwischen Standard. Die bisher dominierende Niedertemperaturtechnik ist durch das seit diesem Jahr geltende Effizienz-Labeling unverkäuflich, weil sie die von der EU geforderte Effizienzklasse nicht mehr erreicht.

Brennstoffkosten: Die große Unbekannte

Die größte Unbekannte in diesem Spiel sind die Brennstoffkosten. Allein schon aus diesem Grund ist bei Beratung und Planung eine Diversifizierung der Wärmequellen mittels Hybridsystemen zu empfehlen, auch wenn diese anfänglich eine deutlich höhere Investition bedeuten. Aktuell erfreuen sich gerade Ölheizungen wieder großer Beliebtheit. Der Verkauf von Öl-Brennwerttechnik nahm 2015 um 30% zu – nach zuvor jahrelanger Stagnation. Auch Gas-Brennwert verzeichnete nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie BDH ein Absatzplus von 4%.

Zurückzuführen ist dies zum einen auf einen hohen Modernisierungsstau bei Öl- und Gas-Brennwert in Verbindung mit einem stark gesunkenem Heizölpreis ab dem dritten Quartal, so Frederic Leers vom BDH. Zum anderen greifen aber auch Instrumente wie das MAP, da diese Heizungsform schon immer gern mit Solarthermie verknüpft wurde.

Der Umstieg auf Brennwerttechnik wird auch bei fossilen Energieträgern mit einem Zuschuss vom Staat belohnt. Eine Lösung ist es, den Abgasstrang in den alten Kaminzug zu verlegen.

Sinkender Ölpreis bremst Erneuerbare

Der Absatz von Biomasse-Wärmeerzeuger, wie Pellets, sowie Solarthermiesysteme leidet schon seit einiger Zeit unter dem relativ niedrigen Ölpreis. Auch die aktuell hohen BAFA-Fördermittel können das Wirtschaftlichkeitsproblem nicht lösen. Installateure sind dennoch gut beraten, die Wünsche der Hauseigentümer und Investoren zu berücksichtigen. Denn es kann durchaus sein, dass für diese nicht der Preis einer Investition im Vordergrund steht, sondern deren Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit. Und da kommen Pellets sowie Wärmepumpen wieder ins Gespräch.

Gerade Wärmepumpen sind im Neubau eine ideale Lösung. Durch ihre niedrigen Vorlauftemperaturen passen sie hervorragend zu Fußbodenheizungen und sind deswegen besonders effizient. Am beliebtesten sind Luft-Wärmepumpen, da sich ihre Investitionssumme durchaus mit einer herkömmlichen Heizung vergleichen lässt und sie mit einem relativ geringen Installationsaufwand auskommen.

Checkliste für die Auswahl der Wärmeversorgung

  • Bausatzung: Was ist an Energieversorgungsformen erlaubt, was nicht? 
  • Bestehen Anschlusszwänge und Verbrennungsverbote – einhalten!
  • Bestehen diese nicht, überschlägige Berechnung, wie viele Wohnungen an ein Wärmenetz angeschlossen werden könnten und wie lang die Trassenführung wäre (Formel s. Parameter Wärmenetz)
  • Sind die Trassenverluste zu groß – Wahl dezentraler Erzeuger
  • Wünsche des Bauherrn berücksichtigen
  • Preisvergleiche Investition und Brennstoffe anstellen, 20-Jahre-Rechnung aufstellen (i.d.R. Lebensdauer einer dezentralen Heizung) anhand Langzeitreihen, etwa unter 
  • Entscheidung für Wärmeträger, Kundenwunsch berücksich­tigen, evtl. Hybridsystem
  • Besonderheit Baden-Württemberg: EWärmeG verlangt Einsatz von 15 % erneuerbarer Energien bei der Wärmeversorgung bei Sanierungen im Bestand!
  • Bei Energieträgern, die Lagerraum benötigen, Platzsituation und technische Voraussetzungen klären:
  • Vergleich am Markt, welcher Hersteller / Großhändler effi­ziente und günstige Technologie bietet
  • Welche hybride Kombination ist ideal?
  • Ist Solarthermie besser als Photovoltaik?
  • Kann Photovoltaik zum Eigenverbrauch oder zum Betrieb einer Wärmepumpe beitragen?
  • Biomasse (in aller Regel Holz) als reiner Kaminofen oder mit Wassertasche zur Unterstützung des Heizungskreislaufs
  • Bei Verbrennungs-Heizungen mit örtlichem Schornsteinfeger wegen Zulässigkeit des Abzugs kurzschließen (insbesondere beim Einbau von Brennwerttechnik und dem Einziehen des neuen Abgasstranges in einen alten Kamin)

Fördermöglichkeiten für Heizungssysteme

KfW-Programm 430

www.kfw.de

Zuschuss von 15 % der Investitionskosten für eine Heizungserneuerung bei u. a. selbstgenutzten / vermieteten Ein-/Zweifamilienhäusern bzw. Eigentumswohnungen mit Bauantrag vor 01.02.2002; Antrag ab dem 01.04.2016 direkt bei der KfW stellen

BAFA-Förderprogramm „Nutzung erneuerbarer Energien“ 

www.bafa.de

Basisförderung/Mindestzuschuss für die Errichtung einer Solarthermieanlage zur Warmwasserbereitung und Raumheizung, Förderzuschuss in Höhe von 2000 Euro.

Zusatzbonus von 20 % des bisherigen MAP-Förderbetrags für den Heizungsaustausch.

Zuschuss von 600 Euro für Heizungsoptimierung

Nur Ölheizungen

www.zukunftsheizen.de

Zuschuss von 250 Euro bei Umstieg auf Öl-Brennwerttechnik

Aktion „Deutschland macht plus“ des Instituts für Wärme und Oeltechnik

Nur Bayern: 10 000-Häuser-Programm

www.energieatlas.bayern.de

Zuschuss von 1000 bis 2000 Euro bei Heizungstausch, mit KfW und BAFA grundsätzlich kombinierbar. 

Antrag ab dem 01.02.2016 online und schriftlich via Fach­betrieb an Bayerisches Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie.

Nur Bremen: Clever heizen

www.energiekonsens.de

Zuschuss von 500 Euro beim Umstieg von alter Erdgas- oder Ölheizung auf Brennwerttechnik mit Erdgas oder Pellets.

Nur NRW und nur Pelletkessel Progres.nrw

www.progres.nrw.de

Zuschuss von 2500 Euro beim Einbau eines Pelletkessels in Verbindung mit thermischer Solaranlage.

Dieser Beitrag von Frank Urbansky ist zuerst erschienen in SBZ Monteur 06/2016. Frank Urbansky ist freier Journalist und Fachautor.

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