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Wie funktioniert eigentlich die Anpassung einer Heizkurve?

Elmar Held
Inhalt
Zur effizienten Inbetriebnahme einer Heizungsanlage gehört auch die Einstellung der Heizkurve

Ein Wärmeerzeuger sollte optimal auf den Bedarf des Gebäudes und der montierten Heizflächen angepasst werden. Nur dann minimieren sich die Kosten für den Brennstoff oder den eingesetzten Strom. Und nur dann kann man von einer Optimierung der CO2-Bilanz reden. Lesen Sie zuerst die Basics zu diesem Thema.

Basics I

Anhand einer Luft/Wasser-Wärmepumpe sollen die Zusammenhänge hier beschrieben werden. Diese Wärmepumpe [WP] mag keine hohen Temperaturen erzeugen, erst recht nicht bei kalten Außentemperaturen, denn dann quittiert sie dies mit niedriger Effizienz.

So kann sie also bei 15 °C Außentemperaturen aus einer Kilowattstunde [kWh] Strom locker 4,5 kWh Wärme bereitstellen. Klar, weil sie beispielsweise nur 23 °C Vorlauftemperatur in die Fußbodenheizung schicken muss, beträgt die Anhebung nur 8 Kelvin (23 °C–15 °C = 8 K). Dagegen quält sie sich enorm bei –10 °C. Denn dann muss sie das Heizungswasser vielleicht auf 40 °C aufheizen, um die Bude noch warm zu kriegen, das sind dann satte 50 Kelvin Temperaturdifferenz (–10 °C–40 °C = 8 K). Aus kühlerer angesaugter Luft höhere Vorlauftemperaturen zu erzeugen, läuft eben nicht so effizient und vielleicht nur noch im Verhältnis von 2,5 kWh Wärme je eingesetzter kWh an Strom.

Klar ist daher, dass man diese Wärmepumpe nicht ganzjährig 40 °C erzeugen lässt. Denn im Volldampf betreiben schmälert erheblich den Ertrag aus dem eingesetzten Strom. Man muss diese WP also einer Regel unterwerfen, die ihr mitteilt, welche Temperaturen wohl notwendig sein werden, um das Haus entsprechend der Außentemperatur warm zu bekommen. Nur bei einer schlüssigen Regel liegen die Betriebsbedingungen optimiert vor, also ohne Komforteinbußen und bei maximaler Effizienz.

Basics II

Die Heizflächen eines Hauses stellen die zweiten, wichtigen Anforderungen bezüglich der Temperaturen für das Heizsystem. Während der Wärmeerzeuger und im genannten Beispiel die WP möglichst geringe Temperaturen erzeugen sollten, gilt es, hier die Besonderheiten der jeweils gewählten Heizfläche zu betrachten.

Ein Heizkörper mit einer Stirnfläche von 1,5 Quadratmetern [m²] in einem Raum mit 20 m² Grundfläche soll beispielsweise 1.000 Watt [W] leisten. Das schafft dieser sicherlich auch, jedoch benötigt er dazu eine Vorlauftemperatur von vielleicht 60 °C. Senkt man die Vorlauftemperatur auf 50 °C, sind es nur 750 W beziehungsweise 500 W bei 40 °C im Vorlauf.

Beheizt man hingegen den gesamten Fußboden, können die geforderten 1.000 W eventuell schon bei einer Vorlauftemperatur von 35 °C erbracht werden. Systembedingt braucht die Fußbodenheizung (FBH) ja nur 50 W/m² zu liefern (1.000 W/20 m² = 50 W/m²).

Der Heizkörper soll irgendwie rund 667 W/m² liefern (1.000 W/1,5 m² = 666,6 W/m²), weshalb er auch dann mehrlagig aufgebaut sein wird. Die Effizienz des Wärmeerzeugers muss mit der systembedingten Anforderung der Heizflächen in Einklang gebracht werden, sei es Heizkörper oder Fußbodenheizung.

Basic III

Man sieht am Trend der letzten Jahrzehnte die Folgen der Bemühungen zur Einsparung von Energie. Mittlerweile lassen sich Häuser bauen, die weniger als 5 Liter Heizöl pro Quadrat­meter in einem Jahr verbrauchen [l/(m² x a)]. Ein erheblicher Teil der Bestandsgebäude benötigt aber noch 15 bis 20 l/(m² x a). Die Dämmstandards alter Häuser sind also weit entfernt von modernen Neubauten.

Und so ist es auch verständlich, dass man in einem Altbau ohne nachträgliche Dämmung und mit alten Fenstern höhere Leistungen pro Quadratmeter Wohnfläche [W/m²] aufbringen muss als in einem Neubau. Während also in einem Altbau bei Außentemperaturen von –12 °C die Vorlauftemperatur auf 50 °C geprügelt wird, kann der Nachbar im Neubau noch locker mit 35 °C auskommen. Neben dem Wärmeerzeuger der jeweils gewählten Heizfläche ist daher natürlich auch der Dämmstandard eines Hauses zu beachten.

Erste Schlussfolgerungen

Es kann sie also nicht geben, die ideale Standardeinstellung ab Werk für eine Heizkurve. Der Lieferzustand eines Herstellers kann nicht die eben beschriebenen Zusammenhänge beinhalten, er kann sie schlichtweg nicht kennen. Es gilt daher immer, diese Einstellungen individuell anzupassen. Grundregeln helfen, die ersten Schüsse nicht direkt am Ziel vorbeizulenken.

Zwei klassische Heizkurven im Vergleich

Zahlen zur HKU?

Die Nummerierung der Heizkurven erfolgt nach einem logischen Rechenschema. Anhand eines Beispiels kann man dieses Schema leicht erkennen. Geht man davon aus, dass ein Raum auf 22 °C erwärmt werden soll und der dort verbaute Heizkörper für eine Vorlauftemperatur von 70 °C ausgelegt wurde bei einer tiefsten Außentemperatur von minus 12 °C, dann gilt:

Raumtemperatur: 20 °C

Vorlauftemperatur: 70 °C

bei einer Außentemperatur: –12 °C

Die Differenz zwischen Raumtemperatur und Vorlauftemperatur beträgt:

70 °C−20 °C = 50 K

Die Differenz zwischen Außentemperatur und Raumtemperatur beträgt:

20 °C − -12 °C = 32 K

Das Verhältnis zwischen 40 K zu 32 K beträgt:

50 / 32 = 1,56, also rund 1,6.

Für eine Fußbodenheizung könnte man folgende Zahlenpaarungen ansetzen:

Raumtemperatur: 20 °C

Vorlauftemperatur: 40 °C

bei einer Außentemperatur: -12 °C

Die Differenz zwischen Raumtemperatur und Vorlauftemperatur beträgt für die FBH:

40 °C − 20 °C = 20 K

Die Differenz zwischen Außentemperatur und Raumtemperatur beträgt wiederum:

20 °C − -12 °C = 32 K

Das Verhältnis zwischen 20 K zu 32 K beträgt:

20 / 32 = 0,625, also rund 0,6.

Anhand von reinen Zahlenwerten lässt sich aber kaum der Verlauf einer HKU abschätzen. Dieser Verlauf wird daher grafisch abgebildet. Die beiden genannten Beispiele für eine Fußbodenheizung und eine Heizkörperinstallation werden daher als klassische Beispiele mit dem typischen Kurvenverlauf dargestellt und auf diese Weise gut lesbar.

Grundeinstellung

Zur Inbetriebnahme sollen extreme Beispiele helfen, die richtige Ersteinstellung vorzunehmen.

Beispiel:

In einem Einfamilienhaus Baujahr 1975 war seit jeher eine Fußbodenheizung in Betrieb. Der Bauherr bestätigt, dass sämtliche Räume in den letzten Jahren immer ausreichend erwärmt wurden. Es gab keine Probleme mit der Versorgung. Nach dem Einbau einer Luft/Wasser-Wärmepumpe soll die Anlage von Ihnen in Betrieb genommen werden.

Sie gehen davon aus, dass eine Vorlauftemperatur von 45 °C bei einer Außentemperatur minus 12 °C ausreicht, zumal neue Fenster eingebaut, die Kellerdecke und der Dachboden nachträglich gedämmt wurden. Die erste Einstellung erfolgt daher mit einer HKU mit folgenden Annahmen:

Die Differenz zwischen Raumtemperatur und Vorlauftemperatur beträgt für die FBH:

45 °C − 20 °C = 25 K

Die Differenz zwischen Außentemperatur und Raumtemperatur beträgt wiederum:

20 °C − -12 °C = 32 K

Das Verhältnis zwischen 25 K zu 32 K beträgt:

25 / 32 = 0,78, also rund 0,8.

In erster Näherung wird also die HKU auf recht sicherem Niveau eingestellt bei einem Wert von 0,8. Der ist nicht gerade prickelnd für die Effizienz einer Wärmepumpe. Aber der Dämmstandard des Hauses lässt auf den ersten Blick kaum bessere Werte vermuten.

Feintuning I

Sie vereinbaren mit diesem Kunden einen weiteren kurzen Termin während der Heizperiode. Er soll seine Heizungsanlage beobachten. Das bedeutet, dass er die Räume wie Badezimmer und Wohnzimmer kritisch und sogar mit einem Thermometer überwacht.

Sie haben die Stellantriebe der Fußbodenheizung für diese beiden Räume entfernt und damit die jeweiligen Heizkreise komplett geöffnet. Das ist notwendig, damit in den beiden Versuchsräumen ein Überangebot von Wärme nicht weggeregelt wird. Der Kunde notiert in unregelmäßigen Abständen die Außen- und Innentemperaturen und übergibt diese Notizen bei Ihrem nächsten Termin.

Feststellungen bei Ihrem ersten Termin:

Die Versuchsräume waren ständig unnötig warm. Die Wärmepumpe hat also sinnlos hohe Temperaturen erzeugt und ist damit unnötig in einen ineffizienten Arbeitsbereich gequält worden (armes Ding).

Die Folge: Nach dem ersten Termin wird die HKU auf einen Wert von 0,7 eingestellt bei ansonsten gleichen Versuchsanordnungen, also fortlaufender „Überwachung“ durch den Kunden. Dauer des Termins insgesamt 15 Minuten.

Feintuning II

Beim zweiten Termin zeigen die Notizen ein deutlich besseres Bild. Jedoch ist die Anlage bei Außentemperaturen über dem Gefrierpunkt zu kalt, bei Minusgraden werden die Räume ausreichend warm.

Die Folge: Nach dem zweiten Termin wird die HKU auf einen Wert von 0,65 eingestellt und die Kurve parallel nach oben verschoben um drei Kelvin. Dauer des Termins wiederum insgesamt 15 Minuten.

Feintuning III

Der dritte Termin macht deutlich, was das Feintuning gebracht hat. Die beiden überprüften Räume erreichen die geforderten Temperaturen und die Wärmepumpe quält sich nicht sinnlos. Trotzdem wird die Parallelverschiebung von zuletzt 3 Kelvin auf nur 2 Kelvin reduziert.

Die Stellantriebe von Bad und Wohnzimmer werden wieder installiert und der Kunde verlässt seinen Wachposten für die nächste Zeit. Es reicht für die Zukunft, dass er sein Wärmeempfinden als Maßstab nimmt und bei einem Wartungstermin im nächsten Jahr seine Erfahrungen mitteilt.

Die Heizungsanlage ist jedenfalls bezüglich der HKU optimiert worden. Anpassung der Steilheit und Parallelverschiebung werden fürs Erste einen effizienten Betrieb sichern.

Die vier Heizkurven aus dem Beispiel des Feintunings: Nur auf den ersten Blick sind diese vier Heizkurven gleich. Überprüft man jedoch die Auslegungstemperaturen bei minus 12, wird der Unterschied deutlich.

Nix übers Knie brechen

Die betrachteten Veränderungen an einer HKU kann man nicht beschleunigen durch ungeduldigen Aktionismus (drei Termine innerhalb einer Woche nach dem Einbau im Herbst). Die notwendigen tiefen Außentemperaturen lassen sich nämlich natürlich nicht erzwingen.

Und es macht keinen Sinn, eine Anlage ausschließlich im Herbst zu betrachten bei Außentemperaturen von tiefstens 5 °C. Das Gebäude reagiert eventuell sehr träge auf äußere Temperaturschwankungen.

Ein Holzhaus wird beispielsweise anders reagieren als ein Betonklotz. Und es braucht eben auch eine Überprüfung des Hauses bei fortlaufenden Minusgraden. Auch kann der Einfluss von Sonneneinstrahlung in die betrachteten Versuchsräume das Bild durchaus verfälschen.

Es wirkt übrigens nicht stümperhaft, wenn man eine „Baustelle“ zu diesem Zweck mehrfach anfährt, denn es gibt gute Gründe zum Nutzen des Kunden. Und wenn dem Kunden der Nutzen dieser Einstellungen klargemacht und er dann noch miteinbezogen wird, sollte dem Erfolg der gesamten Optimierungsmaßnahme nichts im Wege stehen.

Unseliger Trend aus der Praxis

Ein grundsätzliches Problem speziell in der Wohnungswirtschaft zeigt sich häufig im Zusammenhang mit Heizkurven.

Heizkurve zu steil

In der Regel meckert keiner der Mieter eines Mehrfamilienhauses, wenn es zu warm wird. Die Thermostatventile der Heizkörper regeln ein Überangebot an Wärme auch schon mal weg.

Wenn Heizkörper (HK) und Fußbodenheizung (FBH) von einem Wärmeerzeuger (WE) bedient werden sollen, fährt der WE die Heizkurve der HK. Eine Beimischschaltung regelt dann die Heizkurve der FBH.

Wenn Heizkörper (HK) und Fußbodenheizung (FBH) von einem Wärmeerzeuger (WE) bedient werden sollen, fährt der WE die Heizkurve der HK. Eine Beimischschaltung regelt dann die Heizkurve der FBH

Heizkurve zu flach

Von der anderen Seite betrachtet gibt es schon mal einen verständlichen Aufschrei, wenn das Wohnzimmer im Mehrfamilienhaus nicht richtig warm wird.

Trend der Einstellung

Der Trend in den Mehrfamilienhäusern ist es daher, die Heizkurven sehr steil einzustellen. Dann wird eben auch ein nicht optimal eingestellter Heizkörper so gerade noch warm.

Meine Behauptung: Statt mittels eines hydraulischen Abgleichs das System zu optimieren, wird gerne an der Stellschraube der Heizkurve gefummelt. Letztlich bedeutet das aber, dass man Wärmeenergie unnötig verballert.

Statt also jedem Heizkörper seinen notwendigen Volumenstrom zu überlassen, schickt man lieber viel zu heißes Wasser durch den Bau. Es wird dann zwar warm, wird aber teurer für alle Mieter.

Zweierlei Maß

Ein zweites nicht so häufig auftretendes Problem zeigt sich bei einem Mix von Heizkörperheizungen und Fußbodenheizungen in einem Gebäude. Wenn beispielsweise die Räume im Erdgeschoss des Mehrfamilienhauses als Ladenlokale vermietet sind, werden diese gerne mit Heizkörpern oder Konvektoren beheizt.

Ab dem ersten Obergeschoss werden mittlerweile häufig Mietwohnungen über Fußbodenheizungen beheizt. Das schreit nach zwei unterschiedlichen Heizkurven.

Nur eine Heizkurve, „epic fail“

Wird nur eine Heizkurve gefahren, kriegen die Fußbodenheizungen extrem heißes Wasser und lassen sich kaum regeln.

Zwei Heizkurven, ein Bau

Ein Profi löst diese Aufgabenstellung, indem er die Heizkörper direkt vom Kessel ausgehend versorgt. Ein moderner Brennwertkessel kann gleitend gefahren werden und die Heizkurve würde entsprechend für diese Heizkörper eingestellt.

Dieses heiße Wasser wäre aber ungeeignet für den Betrieb der Fußbodenheizungen. Daher bringt man einen Dreiwegemischer mit Rücklaufbeimischung in Stellung. Diese Rücklaufbeimischung wird mit einer angepassten Heizkurve für die Fußbodenheizung betrieben.

So funktionieren Tausende von Heizkörpern in Mehrfamilienhäusern – hydraulisch nicht abgeglichen, aber trotzdem warm! Dabei bleibt die Effizienz auf der Strecke, weil die Heizkurve unnötig steil eingestellt wird

Fazit

Heizkurven hat man schon zu meiner Lehrzeit in den 80ern des letzten Jahrhunderts eingestellt. Dieses Feintuning kann man gerne auch als Parametrieren der Anlage bezeichnen. Dann hört es sich noch wichtiger an und erzeugt beim Kunden eine gewisse Ehrfurcht. Wichtig ist, dass sich jemand damit auskennt, so wie Sie jetzt.

www.ingenieurbueroheld.de

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen in SBZ Monteur 03/2020.

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