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ESG-Kriterien am Bau: Was kommt ab 2024?

Frank Urbansky

2021 trat die neue EU-Offenlegungsverordnung zu Nachhaltigkeitskriterien in Kraft, die Finanzinvestoren dazu verpflichtet, ihre Anlagen nach ESG-Kriterien zu reporten und zu klassifizieren. Anfang 2022 folgte die novellierte EU-Taxonomie, die konkrete Inhalte und Maßstäbe für Nachhaltigkeit festlegt. Investoren, insbesondere institutionelle Anleger wie Fonds, Versicherungen oder Pensionskassen, die bevorzugt in Immobilien investieren, müssen nun ihre Nachhaltigkeitsstrategie am Kapitalmarkt offenlegen. Dies ist besonders relevant, da Immobilien weltweit einen großen Anteil an Treibhausgasen haben – geschätzt mehr als 30%.

Seit 2023 müssen Unternehmen mit 3.000 Mitarbeitern im Inland das Lieferkettengesetz einhalten, ab 2024 auch Firmen mit 1.000 Mitarbeitern. Die Einhaltung ist komplex und erfordert eine umfassende Dokumentation.

Neben Umweltschutz wird auch soziales Engagement und verantwortungsvolle Unternehmensführung einschließlich Arbeitsgesundheit, Diversität und Menschenrechtssicherung bewertet. Zu einer ganzheitlichen ESG-Strategie gehören auch mehr Energieeffizienz und der Umstieg auf erneuerbare Energien. Doch wie kann das speziell bei Gebäuden und den Firmen, die sie bauen oder sanieren, gelingen?

Warum sich Bauunternehmen ESG-konform aufstellen sollten - und wie

Am Anfang sollte immer eine Bestandsanalyse stehen. Sie hilft, Belastungen, Risiken und Verbesserungspotenziale zu identifizieren. Letztlich geht es um die Verminderung von CO2-Emissionen aus Produktion und Energiebezug (die in den sogenannten Scope 1 und Scope 2 der ESG-Richtlinien erfasst sind).

Unternehmen im Baugewerbe und der Immobilienwirtschaft sollten sich also ESG-konform aufstellen, obwohl dies zunächst mit einem hohen Aufwand verbunden ist. Doch Untätigkeit kann teuer werden. Das zeigt ein Beispiel des Beratungsunternehmens Ampeers Energy: Ein mittelgroßes Immobilienunternehmen, das 5.000 Wohneinheiten verwaltet und jährlich 40 kg CO2 pro m² emittiert, hinterlässt einen jährlichen CO2-Fußabdruck von etwa 16.000 t. Bei einer angenommenen CO2-Bepreisung von 100 €/t im Jahr 2030 könnten sich die Kosten auf 1,6 Millionen Euro jährlich belaufen, wenn keine Emissionsreduktion erfolgt. Diese Kosten können nicht einfach auf die Mieten umgelegt werden.

Zudem soll Bauen klimaneutral werden. Ab 2024 soll der Anteil der grauen Energie – Energie, die in Baumaterialien gebunden oder durch Baumethoden verursacht wird – nach und nach auf null reduziert werden. Dies erfordert den Einsatz ressourcenschonender recycelbarer Baumaterialien und eine sehr hohe Energieeffizienz in der Betriebsphase der Immobilien, bis hin zu Null-Energie-Gebäuden. Ganze Wohnquartiere sollen zudem so konzipiert werden, dass sie keinen zusätzlichen Verkehr verursachen.

EH55 als festgelegter Standard

Die EU-Taxonomie forderte für Neubauten einen Energiebedarf, der um 10% unter dem eines Referenzhauses, entsprechend dem KfW-40-Standard, liegt. Ursprünglich waren sogar 20% angedacht. Nach Interventionen der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft wurde dies reduziert. In Deutschland gilt weiter der KfW-55-Standard sowohl für Sanierungen als auch Neubau (neu: EH55). Weitere Maßnahmen umfassen Luftdichtheitsprüfungen und regelmäßige Überprüfungen von Wärmeverlusten in größeren Gebäuden. Dazu können folgende Maßnahmen dienen:

Sozial verträglich bauen
Im sozialen Bereich müssen Wohnprojekte so gestaltet werden, dass sie ein gemeinschaftliches Miteinander verschiedener sozialer Gruppen ermöglichen. Dazu gehören soziale und kulturelle Begegnungsstätten und der Aufbau eines sozialen Ökosystems, das Dienstleistungen für Senioren, Kinder und Familien sowie eine nachhaltige Infrastruktur bietet.
Auch soll das Wohnen selbstbestimmt möglich sein, was den Einsatz von Ambient Assisted Living (AAL) in jeder neu gebauten Wohnung erfordert. Darüber hinaus muss der Umgang mit Dienstleistern wie Handwerkern oder Reinigungskräften auf eine sozial tragfähige Basis gestellt werden. Auch Verkehrsströme sowie die Angebote des öffentlichen Nahverkehrs und Entsorgungsleistungen müssen nachhaltig geplant werden.
Im Bereich Governance ist hohe Transparenz erforderlich. Dazu gehören die Offenlegung von Verbrauchswerten, die Zusammensetzung des Mietzinses und die Zusammenarbeit mit Lieferanten und Dienstleistern. Eine umfassende Digitalisierung der Verbrauchsdatenerfassung, wie sie beim Smart-Meter-Rollout für Stromverbräuche bereits begonnen hat, ist hierfür essentiell. Dies ermöglicht auch die Fernwartung von Versorgungsanlagen, was Reparaturen und Monteursfahrten reduziert.

Die Postsiedlung in Darmstadt.

Umsetzung der ESG-Kriterien: Beispiele aus der Praxis

In der Praxis gibt es bereits zahlreiche Beispiele, die sich an den ESG-Kriterien für den Bau orientieren. Die Postsiedlung in Darmstadt, erbaut in den 1950er Jahren, wurde im Rahmen des SWIVT-Projekts von Wissenschaftlern untersucht, um Strategien für das Speichern und Vernetzen von thermischer und elektrischer Energie auf Quartiersebene zu entwickeln. Die Bauverein AG und der Energieversorger ENTEGA sind lokale Partner. Durch die Analyse der Lastprofile werden energieerzeugende und -speichernde Systeme entwickelt und gesteuert, einschließlich Heizungsanlagen für die Nahwärmeversorgung benachbarter Gebäude. Ziel ist es, den jährlichen Energiebedarf der Siedlung um ein Drittel zu reduzieren, indem Gebäude grundsaniert und nachverdichtet werden. Solarkombimodule, Blockheizkraftwerke, Erdwärmekörbe, Phasenwechselmaterial-Speichersysteme und Wärmepumpen tragen zur Energieeffizienz bei.

Die Nassauischen Heimstätten.

Die Nassauischen Heimstätten (NWH) haben in Frankfurt-Niederrad zwei Gebäude mit 25 Wohnungen errichtet. Sie werden durch Pelletkessel mit Energie versorgt, die auch zwei Bestandsgebäude beliefern. Das Quartier mit 486 Wohnungen aus den 1950er Jahren wird durch Fassadendämmung bis zum Passivhausstandard klimaneutral umgestaltet. Zusätzlich gibt es ein Carsharing-Mobilitätskonzept mit speziellen Konditionen für Mieter.

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