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Tipp vom Anwalt: AN muss Unklarheiten in der Ausschreibung erkennen

Matthias Scheible

Sachverhalt (verkürzt)

Der Auftraggeber (AG) hat den Auftragnehmer (AN) mit der Erstellung einer vorläufigen Markierung an einer Straße beauftragt. Grundlage war der Zuschlag bei einer Öffentlichen Ausschreibung auf Basis der VOB. Für die vorübergehende Markierung während der Bauphase bot der AN einen erheblichen Minderpreis an. Er legte bei der Preisberechnung die Gesamtlänge inklusive Strich und Lücke gemäß dem der Ausschreibung beigefügten Verkehrszeichenplan zu Grunde.

In seiner Schlussrechnung berücksichtigte der AN bei der Abrechnung der vorübergehenden Markierung nur den tatsächlich ausgeführten Strich, nicht jedoch auch die Lücke und kam so auf einen erheblich verringerten Minderpreis. Der AG prüfte die Schlussrechnung und setzte den Minderpreis für die Gesamtlänge der vorübergehenden Markierung mit Strich und Lücke an.

Der AN erhob Klage und meinte, die Ausschreibung sei unklar gewesen, der AG berücksichtige bei seiner üblichen Ausschreibungspraxis in der Regel nur den Strich und auch die DIN 18363 sehe vor, dass Unterbrechungen über 1 m abgezogen werden müssten.

Entscheidung

Das Gericht urteilt, dass die vom AG bei der Schlussrechnungsprüfung vorgenommene Kürzung berechtigt ist und den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien entspricht.

Für die Auslegung einer Ausschreibung ist nicht das tatsächliche Verständnis des angesprochenen Bieterkreises ausschlaggebend, sondern der normative Empfängerhorizont in Form eines abstrakt bestimmten Adressatenkreises. Den Bietern ist es zumutbar, den Ausschreibungsinhalt zu ermitteln und insbesondere den Ausschreibungsunterlagen beigefügte Planunterlagen auszuwerten und unterschiedliche Formulierungen der Positionstexte zu vergleichen. Damit werden verbleibende Zweifel am Inhalt einer Aufmaßvorschrift ausgeräumt. Die Auslegung eines auslegungsbedürftigen Leistungsverzeichnisses kann zur Folge haben, dass der Inhalt der Ausschreibung zu Lasten des Unternehmers ergänzt werden muss. Und zwar um im Leistungsverzeichnis zwar nicht ausdrücklich genannte, aber nach den Gesamtumständen zweifelsfrei gewollte und vereinbarte Inhalte. Zumindest wenn dies das Resultat einer normativ-objektiven, beiderseits interessengerechten Auslegung ist. Enthält die Ausschreibung eine zur DIN 18363 vorrangige Aufmaßvorschrift, geht diese als speziellere Vertragsnorm der allgemeinen Bezugnahme des Vertrags auf die VOB/C und die in Abschnitt 5 davon umfassten DIN mit deren Aufmaßvorschriften vor vor (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss v. 26.03.2019, Az.: 21 U 17/18).

Grundsätzliches und Fazit

Das Aufmaß bedeutet die Ermittlung am Leistungsobjekt im Hinblick auf den für die vereinbarte Vergütung maßgebenden Wert nach Zahl, Maß und Gewicht. Insoweit betrifft dies die Vorbereitung der ordnungsgemäßen Rechnungsaufstellung. In den meisten Fällen ist die Feststellung der tatsächlich geleisteten Menge die Grundlage für die weitere Berechnungsweise. Das ist typisch beim Einheitspreisvertrag im Zusammenhang mit Mehr- und Mindermengen, aber es kann sogar beim Pauschalvertrag von Belang sein. Nämlich dann wenn es darum geht, die Zumutbarkeitsgrenze auszuloten. Aber auch beim Stundenlohnvertrag ist die Kontrolle und Bestätigung der geleisteten Lohnstunden ein Aufmaß. Gleichermaßen muss beim Selbstkostenerstattungsvertrag gemessen und gezählt werden.

Vor allem das gemeinsame Aufmaß dient der Feststellung des Umfangs der tatsächlich ausgeführten Leistungen. Durch ein gemeinsames Aufmaß sollen spätere Streitigkeiten über den Umfang der tatsächlich ausgeführten Leistungen vermieden werden. Der Architekt ist verpflichtet, das gemeinsame Aufmaß mit den Fachunternehmern auf die fachtechnische und rechnerische Richtigkeit zu überprüfen. Dies gilt auch für Abschlagsrechnungen. Für die Rechnungsprüfung haftet der Architekt.

Die Verpflichtung zur Teilnahme an einem gemeinsamen Aufmaß ist Bestandteil der Kooperationspflicht der Bauvertragsparteien. Bleibt der AG dem Termin zum gemeinsamen Aufmaß fern und erstellt deshalb der AN ein einseitiges Aufmaß, dass später auf Grund des Baufortschritts nicht mehr überprüft werden kann, so trifft den AG wegen der Verletzung seiner Kooperationspflicht die Beweislast dafür, dass die vom AN angesetzten Massen unzutreffend sind.

Wie die Entscheidung des Gerichts zeigt, sind bei der Durchführung der gemeinsamen Feststellungen  auch die Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und die Allgemeinen Technischen Vertragsbedingungen der VOB Teil C zu beachten. Vertragliche individuelle Regelungen gehen als speziellere Vertragsnormen den vorgenannten Regelungen vor. Dabei gilt bei jedem Vertrag, dass es keine Auslegungsregel dahingehend gibt, wonach ein Vertrag mit unklarer Leistungsbeschreibung stets zu Lasten des Auftragnehmers geht, weil dieser die Unklarheiten nicht vor der Abgabe seines Angebots aufgeklärt hat. Ebenso wenig gibt es eine Auslegungsregel, wonach Unklarheiten zu Lasten des ausschreibenden Auftraggebers gehen, ohne dass zuvor der Versuch ihrer Auflösung im Wege einer Auslegung der Gesamtheit der Vertragsunterlagen unternommen werden muss.

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