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Wärmepumpe versus Infrarot: Was wird das Heizsystem der Zukunft?

Dittmar Koop
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„Das ist ein deutliches Zeichen zum Aufbruch“, kommentierte Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP), den Beschluss der neuen Bundesregierung, dass ab 2025 nur noch Heizungen eingebaut werden dürfen, die zu 65 % Wärme und Warmwasser aus erneuerbaren Energien liefern. Die Wärmepumpenbranche stehe bereit, so Sabel, es gelte jetzt, die konkreten Weichen zu stellen. „Die Politik muss dafür sorgen, dass bereits in den kommenden drei Jahren möglichst Heizsysteme verbaut werden, die den neuen Ansprüchen genügen“, forderte Sabel.

Wärmepumpen auch im Bestand einsetzbar

Tatsächlich befindet sich die Wärmepumpen-Branche schon jetzt auf einem Höhenflug. Im Wohnungs-Neubau ist sie mittlerweile das dominierende Heizsystem, fast jeder zweite Bauherr entscheidet sich für sie. Wärmepumpen dürften auch im Bestandsbau bei der Heizungssanierung in Zukunft vermehrt eine Rolle spielen bzw. ernsthaft in Betracht gezogen werden. Bislang wurde das mit Hinweis auf hohe Vorlauftemperaturen eher skeptisch gesehen. Doch über die Studie „WPsmart im Bestand“ des Fraunhofer ISE, die das Institut 2020 nach fünfjähriger Feldtestuntersuchung an 56 Wärmepumpen vorlegte, verändert sich das Bild.

Wie im Neubau wird die Effizienz einer Wärmepumpe maßgeblich von der erforderlichen Heizkreistemperatur beeinflusst, die aufgrund der unterschiedlichen spezifischen Heizwärmebedarfe und Wärmeübergabesysteme eine große Bandbreite aufweist. In den vom ISE untersuchten Fällen waren die Heizkreistemperaturen aber geringer als erwartet. So lagen die maximal zur Raumheizung erforderlichen Vorlauftemperaturen für die 27 Luft/Wasser-Wärmepumpen im Feld im Mittel bei knapp 44 °C, bei den 11 Erdwärmepumpen waren es etwas über 45 °C. Ausreißer wurden nicht berücksichtigt. Im Mittel betrug die Jahresarbeitszahl (JAZ) 3,1. Die untersuchten Häuser waren zwischen 15 und 170 Jahre alt.

Wärmepumpen sind heute schon das Heizsystem mit den dynamischsten Wachstumsraten.

Was wird das Wärmesystem der Zukunft?

Um das geplante Ziel der Bundesregierung von 65 %-Erneuerbare-Energien-Anteil zu erreichen, müssten Wärmepumpen noch nicht einmal mit Ökostrom betrieben werden, sofern sie eine JAZ von mindestens 3 vorweisen. Spricht folglich alles für die Wärmepumpe, das neue Standardsystem in den kommenden Jahren zu werden? Denn neben den aufgeführten Aspekten kommen noch die Sektorkopplung und die Eigenstromnutzung hinzu, also Elektrizität auch im Verkehr und zum Heizen einzusetzen.

Studie: Infrarot ist effizienter und wirtschaftlicher

Nein, wie eine interessante Arbeit in diesem Zusammenhang ein Autorenteam um Timo Leukefeld ausführt. Leukefeld ist Honorar-Professor für das Thema vernetzte energieautarke Gebäude an der BA Glauchau und der TU Freiberg. Er und seine Leute vergleichen in dem 10 Seiten umfassenden Papier ein Luft/Wasser-Wärmepumpensystem mit einem Infrarot-System, also einer Strahlungsheizung (Infrarotheizung). Er kommt zu dem Ergebnis, dass das Infrarot-System sowohl bezogen auf Behaglichkeit und Effizienz als auch bezogen auf die Frage der Wirtschaftlichkeit besser als das Wärmepumpen-System ist.

Infrarotheizungen sind Strahlungsheizungen. Sie versprechen eine gleichmäßige Wärmeverteilung und Temperaturschichtung im Raum.

Leukefeld stützt sich dabei auf das Forschungsprojekt „IR-Bau“ der Hochschule Konstanz aus dem Jahr 2020. Dieses hatte seinerzeit einen Mehrfamilienhaus-Neubau (15 Wohneinheiten) in Darmstadt zum Anlass genommen, einmal über die Jahre simuliert die Vollkosten (also die Investitionskosten plus Betriebskosten) der beiden Heizsysteme zu vergleichen, außerdem in Varianten (z. B. Infrarotheizung ohne/mit Photovoltaik und bei letzterem außerdem mit einem Speicher kombiniert). Das Darmstädter Haus wird ausschließlich von elektrischen Infrarot-Wärmestrahlgeräten beheizt. Die Forscher kamen in ihrem Vergleich zu dem Ergebnis, dass die Wärmepumpe erstens weniger effizient war als erwartet.

Leukefeld erklärt dies in seinen Ausführungen mit der relativen Ungenauigkeit der Regelung eines solchen Systems: Konvektionsheizungen, insbesondere Fußbodenheizungen, sind träge, wohingegen eine Infrarotheizung sich viel schneller an den akuten Bedarf anpassen kann und eine Über- oder Untertemperierung viel seltener auftritt. Hinzu kommt, dass wasserbasierte Heizsysteme über den Speicher und das Verteilnetz Wärme verlieren.

Das brachte die Vollkosten-System-Vergleichsrechnung

Ausgangspunkt von Leukefelds dann folgender Vollkosten-System-Vergleichsrechnung ist also die von ihm abgeleitete Erkenntnis aus der Studie, dass der Strombezug von Wärmepumpen in der Praxis im Vergleich zu einer Infrarotheizung nicht bei einem Viertel liegt, sondern etwa bei einem Drittel.

Das mag nach Schönfärberei klingen, doch sowohl die IR-Studienautoren als auch Leukefeld und sein Team bestreiten den deutlich höheren Strombedarf im Falle einer Infrarotheizung keineswegs. Die IR-Autoren setzten vor Studienbeginn erwartbare Faktoren zwischen 3 bis 5 an, Leukefeld arbeitet in seinen Berechnungen aufgrund der Ergebnisse der Studie mit dem Faktor 2,9. Auch setzt Leukefeld einen niedrigeren Preis für den Bezugsstrom für die Wärmepumpe an (Wärmepumpentarif), den er mit 22,51 ct/kWh beziffert. Bei der Infrarotheizung arbeitet er mit 29,25 ct/kWh. Unterm Strich ist das aber nicht der Punkt.

Investitionskosten vs. Verbrauchskosten und Lebenserwartung

Der Punkt ist, dass – abgesehen von der Frage des Komfortgefühls und der Temperaturschichtung in einem Raum (vom Boden bis zur Decke), der von dem einen oder anderen System erwärmt wird – hier eine Abkehr stattfindet von der Denke, dass ein System über niedrige Verbrauchskosten attraktiv wird und die dafür notwendigen Investitionskosten ausgeblendet werden. „Die Investitionskosten für eine wasserführende Fußbodenheizung, eine Luft/Wasser-Wärmepumpe ohne Trinkwarmwasserbereitung liegen etwa bei 30.000 Euro. Der Einbau einer Infrarotheizung ohne dezentrale Warmwasserbereitung fällt mit ca. 10.000 Euro wesentlich niedriger aus“, schreibt das Autoren-Team Leukefeld und folgert: „Es zeigt sich, dass die höheren Investitionskosten für das technisch aufwendigere System von etwa 20.000 Euro erst nach 34 Jahren durch den geringeren Bezug wieder ausgeglichen werden.“

Allerdings sei es so, dass die Betriebsdauer von Wärmepumpen-Systemen eher bei 15 bis 20 Jahren läge. Eine Infrarotheizung käme bei Qualitätsprodukten hingegen auf 30 Jahre und länger. „Selbst in dem theoretischen Fall, dass beide Systeme denselben Nutzenergieeinsatz und dieselben Lüftungsverluste hätten, läge die Amortisationszeit der Wärmepumpe über ihrer Lebenserwartung“, resümieren die Leukefeld-Autoren.

Wassergeführte Heizsysteme wie Fußbodenheizungen agieren relativ träge, der Installationsaufwand ist außerdem hoch.

Fall II: Zusätzliche Trinkwarmwasserbereitung

Im zweiten Teil geht Leukefeld dann in einem weiteren Berechnungsbeispiel auf die Frage einer zusätzlichen Trinkwarmwasserbereitung ein. Leukefeld kombiniert sein Infrarot-System zu diesem Zweck mit einem Warmwasserboiler und setzt dafür zusätzliche 1 500 € Investitionskosten an. Die dafür notwendige Energie wird mit 2 000 kWh/a angesetzt, entsprechend steigen die Strombezugskosten. Das Delta zwischen Wärmepumpe und IR-Heizung würde bei den Bezugskosten also weiter auseinander gehen und auch, wenn für die zusätzlichen Investitionen zur Warmwasserbereitstellung über ein zentrales Heizsystem Wärmepumpe 5 000 € angesetzt werden, sinkt die Amortisationszeit im Leukefeld-Berechnungsbeispiel auf 27 Jahre.

Dennoch: „Was immer noch nicht wirtschaftlich ist, weil die Lebenserwartung einer Wärmepumpe geringer ausfällt“, argumentieren die Autoren. Durchgeführt wurden die Berechnungen beispielhaft für ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 150 m2 und einem Heizwärmebedarf von 4 500 kWh/a.

Strombasierte Heizsysteme sind immer in einer Gesamtkostenbetrachtung zu sehen aus Investitions-, Verbrauchs- und Betriebskosten.

In strombasierten Alternativen denken

Leukefeld resümiert, dass die Infrarot-Variante im Vergleich der Systeme eindeutig die wirtschaftlichere sei, da die Lebensdauer der Wärmepumpe geringer ausfiele als ihre Amortisationszeit und damit eine Amortisation unmöglich wäre. „Wenn die eingesparten Investitionskosten genutzt werden, um das Energiesystem mit einer PV-Anlage und zugehörigem Akku zu erweitern, kann mit der Kombination aus Infrarotheizung, Warmwasserboiler, PV-Anlage und Akku noch wirtschaftlicher agiert werden“, resümiert er weiter. Zu einem ähnlichen Resümee waren auch die Forscher der IR-Studie gekommen. Sie ermittelten ökonomische und ökologische Vorteile eines PV-Infrarot-Systems gegenüber einem Wärmepumpen-Fußbodenheizungs-System: Wenn schon in Kombination mit PV, dann ist das Eigenstrompotenzial (= Bezugsstrom-Ersatzpotenzial) bei IR größer. Allerdings ist auch bekannt, dass Solarstromspeicher bislang nicht die Lebensdauer einer PV-Anlage erreichen und somit in diesem Zyklus wenigstens einmal ausgetauscht werden müssen – was dieselbe Amortisationsfrage aufwirft, wie die zuvor bei der hier diskutierten Wärmepumpen-Kombinationen gestellte und auch grundsätzlich bei allem, was heute über die Regelungstechnik haustechnisch möglich ist.

Als weitere Überlegung ist auch mit einzubeziehen, dass sich der Heiz-Bedarf im Neubau weiter verringert. Ende Januar ist der KfW-55-Standard aus der KfW-Förderung genommen, weil er als neuer Standard angesehen wird. Die Bundesregierung plant im nächsten Schritt, in ein paar Jahren KfW-40 zum Standard zu erklären. Das verschiebt die Anteile und damit den Fokus: Die Warmwasserbereitung gewinnt gegenüber der Heizung planungs- und anlagentechnisch an Gewicht und die IR-Heizung würde damit noch günstiger.

Damit ist nicht gesagt, dass in Zukunft wasserbasierte Systeme keine Zukunft mehr haben werden. Aber es ist damit schon gesagt, dass es berechtigte Überlegungen gibt, auch in Alternativen zur Wärmepumpe zu denken.

Dieser Artikel wurde von Dittmar Koop geschrieben. Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

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