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Hydraulischer Abgleich: Von der Heizlastberechnung zum Volumenstrom

Peter Teuber, Dieter Wolff
Inhalt
Vor allem bei Mehrfamilienhäusern, die ab 1978 gebaut wurden, lohnt sich die Heizungsoptimierung auch in wirtschaftlicher Hinsicht.

Immer wieder wird kritisiert, dass es keinen einheitlichen Standard für den hydraulischen Abgleich gibt – weder für den Neubau noch für den Anlagenbestand. Die Leistungsbeschreibung des Verbands für Gebäudetechnik (VdZ) nennt die Verfahren A und B. Gleichzeitig werben zahlreiche Hersteller mit Systemen für den „automatischen hydraulischen Abgleich von Heizungsanlagen“. Dieser Begriff ist jedoch nicht eindeutig festgelegt und wird von den Anbietern unterschiedlich interpretiert. Nach welchen Verfahren und mit welcher Qualität der Abgleich hierbei durchgeführt wird, bleibt meistens im Dunkeln. Eine Art „Positivliste“ der Fördergeldgeber, die bescheinigt, welche Standards die Systeme erfüllen, gibt es nicht. Jeder Hersteller entscheidet, ob sein Produkt die selbst gesetzten Anforderungen erfüllt.

Ziel der Autoren ist es, einen einheitlichen Algorithmus für die Berechnung und damit eine Grundlage für eine Richtlinie zu schaffen, die weiterführend in eine Norm einfließen kann. Die Ostfalia Hochschule beschreibt ein Verfahren zur Berechnung von Zweirohrheizungen mit Heizkörpern und mit Flächenheizungen. Im Optimus-Projekt wurde nachgewiesen, dass der wirtschaftliche Vorteil eines hydraulischen Abgleichs bei Zweirohrheizungen mit Heizkörpern größer als bei anderen Systemen ist. Im vorliegenden Beitrag wird deshalb die Berechnung für diese Anlagen vorgestellt – von der raumweisen Heizlastberechnung bis zur Ermittlung des Volumenstroms je Heizkörper. Im zweiten Teil geht es dann weiter mit der Auswahl geeigneter Armaturen an den Heizkörpern. Dies sind im Normalfall Thermostatventile mit Voreinstellung, auch mit integrierter Differenzdruckregelung zur Realisierung der planmäßigen Auslegungsvolumenströme.

Der komplette Vorschlag für eine Richtlinie inklusive der Vorgehensweise bei Flächenheizungen wird zukünftig unter www.delta-q.de veröffentlicht. Das Verfahren wird Schritt für Schritt erklärt, sodass es in der Praxis nachvollziehbar angewendet werden kann. Insbesondere Softwareherstellern bietet es eine einfache Möglichkeit, den Berechnungsalgorithmus in Ihre Produkte zu integrieren. Auf den hydraulischen Abgleich von Einrohrheizungen wird hier nicht eingegangen, da bei der Optimierung solcher Anlagen der Umbau auf eine Zweirohrheizung empfohlen wird.

Die Berechnung erfolgt nach dem Verfahren, das im Lauf des von der Ostfalia Hochschule durchgeführten DBU-Projekts Optimus entwickelt wurde. Inzwischen hat sich das Optimus-Verfahren seit ca. zehn Jahren in der Praxis bewährt und könnte – wie von den Autoren mehrfach gefordert – in eine vom neuen Gebäudeenergiegesetz GEG in Bezug zu nehmende Norm überführt werden.

Raumweise Heizlastberechnung

Grundlage des hydraulischen Abgleichs ist immer eine raumweise Heizlastberechnung. Um ein Verschwendungspotenzial zu vermeiden, sollen Heizflächen nur die Leistung abgeben, die entsprechend der Heizlastberechnung benötigt wird. Für die Raumheizlastberechnung, die in Anlehnung an die DIN EN 12831 durchgeführt wird, sind folgende Daten erforderlich:

  • Die Wärmedurchgangskoeffizienten der Bauteilflächen. Wenn sie nicht vorliegen, dürfen sie aus Gebäudetypologien entnommen werden.
  • Der Lüftungswärmeverlust darf vereinfacht auf Grundlage eines Mindestluftwechsels berechnet werden.
  • Die Abmessungen der Wärme übertragenden Umfassungsflächen.

Heizkörperleistung

Die Leistungsabgabe des Heizkörpers hängt unmittelbar von der Übertemperatur, das heißt von der Temperaturdifferenz zwischen Heizwasser- und Raumtemperatur sowie vom Heizkörperexponenten ab.

Für die Optimierung des Temperaturniveaus müssen die Normleistungen der installierten Heizflächen raumweise aufgenommen werden. Dafür werden vor Ort Abmessungen und Typ der Heizkörper erfasst. Mithilfe von Tabellen, z. B. aus Herstellerkatalogen, kann damit die Normheizkörperleistung nach DIN EN 442 bestimmt werden. Sie bezieht sich auf die Normtemperaturen tVN/tRN/tLN = 75/65/20 °C.

  • tVN: Normtemperatur Vorlauf
  • tRN: Normtemperatur Rücklauf
  • tLN: Norm-Raumlufttemperatur (20 °C)

Notwendige Übertemperatur

Für jeden Raum wird die erforderliche Übertemperatur ermittelt, um herauszufinden, welcher Raum mit seinen Heizkörpern gegenüber der Raumheizlast die geringste Überdimensionierung aufweist. Die am wenigsten überdimensionierten Heizkörper befinden sich im Raum mit der höchsten notwendigen Übertemperatur, dem „thermisch ungünstigsten Raum“. Für dessen Ermittlung werden folgende Werte benötigt:

  • die Raumheizlast in Watt [W]
  • die Summe aller Heizkörpernormleistungen für den jeweiligen Raum in Watt [W]
  • der Heizkörperexponent für die vorhandenen Heizkörper. In Gleichung 1 wurde mit dem Exponent 0,77 der Kehrwert des typischen Heizkörperexponenten von 1,3 für Radiatoren eingesetzt. Für andere Heizkörper muss dieser Exponent gegebenenfalls entsprechend korrigiert werden.

Die nach Gleichung 1 ermittelten Übertemperaturen werden zur Berechnung der Vorlauftemperatur und der Spreizung zwischen Vorlauf- und Rücklauftemperatur benötigt.

Gleichung 1

Die Übertemperatur entspricht vereinfacht der Differenz zwischen mittlerer Heizwasser- und Raumlufttemperatur. Physikalisch korrekt ist die Verwendung der hier nicht weiter erläuterten logarithmischen Temperaturdifferenz als Übertemperatur.

Rechenbeispiel

In einem Raum mit einer Raumheizlast von 912 W ist ein Heizkörper mit einer Normleistung von 1450 W installiert. Die Berechnung nach Gleichung 1 ergibt eine Übertemperatur von 35 K:

Vorlauftemperatur

Der Raum bzw. der oder die Heizkörper mit der höchsten notwendigen Übertemperatur bestimmt die Vorlauftemperatur, da hier die höchste mittlere Heizkörpertemperatur benötigt wird. Der bzw. die Heizkörper sind hier – wie bereits erwähnt – am wenigsten überdimensioniert.

Die Vorlauftemperatur wird typisch 3 bis 6 K höher als die Summe aus Norm-Raumlufttemperatur und höchster notwendiger Heizkörperübertemperatur gewählt. Damit ergibt sich am ungünstigsten Heizkörper eine Temperaturdifferenz zwischen Vor- und Rücklauf von etwa 6 bis 12 K. Alle anderen Heizkörper haben bei gleicher Vorlauftemperatur geringere Rücklauftemperaturen und damit größere Temperaturspreizungen.

Bei der Auswahl der Auslegungsspreizung ist ein nicht zu niedriger Wärmeübertragerkennwert a zu berücksichtigen. Er wird nach Gleichung 2 errechnet.

Gleichung 2

  • tVa: Auslegungsvorlauftemperatur
  • tRa: Auslegungsrücklauftemperatur
  • tL: Auslegungsraumtemperatur

Je größer die Temperaturspreizung, desto besser und höher ist der Wärmeübertragerkennwert. Beim Festlegen der Temperaturspreizung sind folgende Randbedingungen einzuhalten:

  • Mindestvolumenstrom aller Heizkörper möglichst 15 l/h (Ausnahmen sind z. B. kleine Heizkörper in Gästetoiletten)
  • Resultierende Systemspreizung des Wärmeerzeugers bei Wandkesseln unter 25 K
  • Ggf. Mindestvolumenstrom des Wärmeerzeugers einhalten

Damit diese Randbedingungen eingehalten werden, darf der Wärmeübertragerkennwert ggf. unterschritten werden.

Benötigt wird für die Berechnung der Vorlauftemperatur die größte aller vorher errechneten Übertemperaturen im Gebäude in Kelvin [K]

Gleichung 3

Rechenbeispiel

Der Raum in obigem Beispiel soll der ungünstigste Raum sein, d. h. er hat den Heizkörper mit der höchsten Übertemperatur. Er benötigt eine Übertemperatur von 35 K, für die übrigen Räume genügen Übertemperaturen unter 35 K.

Mit Gleichung 3 ergibt sich eine Vorlauftemperatur im Bereich von 58 bis 61 °C. Gewählt wird hier 60 °C, weil dies später gut am Regler eingestellt werden kann.

Gesamtvolumenstrom je Raum

Um den Gesamtvolumenstrom eines oder mehrerer Heizkörper eines Raums zu berechnen, sind folgende Werte erforderlich:

  • die für den thermisch ungünstigsten Raum gewählte Vorlauftemperatur der Heizkörper in Grad Celsius [°C]
  • die benötigte Übertemperatur für jeden Heizkörper der anderen, thermisch günstigeren Räume in Kelvin [K]
  • die Heizlast für den Raum in Watt [W]

Zunächst wird nach Gleichung 4 die Spreizung bestimmt, die sich an allen Heizkörpern eines Raumes einstellt. Aus der Raumheizlast und der Spreizung ergibt sich mit Gleichung 5 der Gesamtvolumenstrom. Dieser Volumenstrom muss später ggf. auf mehrere Heizkörper eines Raums aufgeteilt werden.

Gleichung 4

Rechenbeispiel

Der Beispielraum benötigt eine Übertemperatur des Heizkörpers von 35 K. Die gewählte Vorlauftemperatur beträgt 60 °C. Aus Gleichung 3 ergibt sich eine Spreizung von 9,6 K:

Gleichung 5

Rechenbeispiel

Im Beispiel wurde eine Spreizung von 9,6 K errechnet. Zusammen mit einer Raumheizlast von gerundet 900 W ergibt sich ein Gesamtvolumenstrom für den Raum von

Volumenstrom je Heizkörper

Aus dem Volumenstrom eines Raums wird der Volumenstrom je Heizkörper bestimmt, mit dem später das Ventil ausgesucht und/oder eingestellt wird. Ist nur ein Heizkörper vorhanden, fließt der gesamte für den Raum berechnete Volumenstrom durch diesen Heizkörper. Sind aber mehrere Heizkörper im Raum, muss der Volumenstrom verteilt werden.

Für die Aufteilung des Volumenstroms auf die Heizkörper werden Zwischengrößen berechnet. Zunächst wird mit Gleichung 6 der Leistungsanteil eines Heizkörpers an der Gesamtleistung aller Heizkörper im Raum bestimmt. Benötigt wird dafür

  • die Heizkörpernormleistung in Watt [W]
  • die Summe aller Heizkörpernormleistungen eines Raumes in Watt [W]
  • der Gesamtvolumenstrom je Raum in Litern pro Stunde [l/h]

Der Volumenstrom eines Heizkörpers kann dann mit dem Leistungsanteil und dem Gesamtvolumenstrom nach Gleichung 7 bestimmt werden. Ist nur ein Heizkörper vorhanden, beträgt sein Leistungsanteil „1“.

Gleichung 6

Gleichung 7 

Rechenbeispiel

Weil im Raum des bisher betrachteten Beispiels nur ein Heizkörper ist, wird die Vorgehensweise anhand eines anderen Raums mit zwei Heizkörpern gezeigt. Die Normleistung des einen Heizkörpers beträgt 1940  W, die des anderen 1700  W. Der berechnete Gesamtvolumenstrom durch beide Heizkörper beträgt 112  l/h. Als Leistungsanteile der beiden Heizkörper ergibt sich

 

 

Die Volumenströme durch die beiden Heizkörper betragen:

Ausblick

Im nächsten Schritt muss nun dafür gesorgt werden, dass die Heizflächen mit den berechneten Volumenströmen versorgt werden. Hier hängt die richtige Vorgehensweise von der eingesetzten Umwälzpumpe, der Thermostatventiltechnik und von der Größe des Rohrnetzes ab.

Dieser Artikel von Peter Teuber und Dieter Wolff ist zuerst erschienen in: Gebäude Energieberater 03/2017.

Lesen Sie auch die anderen Beiträge dieser Artikelserie zum Hydraulischen Abgleich:

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