Die wichtigsten Vorgaben für Maschinenräume von Wärmepumpenanlagen mit Ammoniak (NH₃)

Ammoniak als zukunftsfähiges Kältemittel
Ammoniak (NH3, R-717) erlebt als natürliches Kältemittel eine Renaissance in der Wärme- und Kältetechnik. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Nachhaltigkeit und Umweltschutz gewinnt Ammoniak aufgrund seines Null-Ozonabbaupotenzials (ODP = 0) und keinem Treibhauspotenzial (GWP = 0) zunehmend an Bedeutung. Ein weiterer entscheidender Vorteil ist, dass Ammoniak nicht unter die PFAS-Problematik fällt. Dies bietet Planern und Betreibern von Anlagen Planungssicherheit, da keine zukünftigen Einschränkungen oder Verbote aufgrund von Umweltauflagen zu erwarten sind. Insbesondere in industriellen Anwendungen und Großwärmepumpen bietet Ammoniak eine effiziente und umweltfreundliche Alternative zu synthetischen Kältemitteln.
Die steigende Nachfrage nach Ammoniak-Wärmepumpen erfordert jedoch ein fundiertes Wissen über die relevanten Sicherheitsstandards, Normen und gesetzlichen Vorschriften. Dieser Bericht fasst die wichtigsten Aspekte zusammen, die bei der Planung und Installation von Ammoniak-Wärmepumpen zu berücksichtigen sind, basierend auf der aktuellen Fassung der DIN EN 378.
Aufgrund der hohen Warnwirkung fällt der Austritt auch bereits bei Kleinstmengen auf:
- 5 ppm – Wahrnehmungsgrenze
- 50 ppm – MAK – Wert (AGW – 20 ppm 8h)
- 150 ppm – unangenehm
- 500 ppm – kaum erträglich
- 1.000 ppm – gefährlich (4h)
- 5.000 ppm – führen in kürzester Zeit (5 Minuten) zum Tod
Sicherheitshinweise zu Ammoniak (NH3)
Obwohl Ammoniak ein natürliches und umweltfreundliches Kältemittel ist, müssen seine sicherheitstechnischen Eigenschaften bei der Planung und dem Betrieb von Anlagen berücksichtigt werden. Ammoniak ist nach EN 378 in die Sicherheitsklasse B2L eingestuft:
- B (Toxizität): Ammoniak ist giftig und kann bei hohen Konzentrationen zu Reizungen der Atemwege, Verätzungen und sogar zum Tod führen.
- 2L (geringe Entflammbarkeit): Ammoniak ist brennbar, jedoch schwer entzündbar. Die untere Explosionsgrenze (UEG) liegt bei etwa 15 Vol.%. Hinweis: Da auch HFO Kältemittel (Low GWP) wie R1234ze Klasse 2L sind, besteht somit kein Unterschied in diesem Zusammenhang.
Risikofaktoren R717
- Ist ein Kältemittel der Sicherheitsklasse B2L.
- Ist ein entzündbares Gas.
- Ammoniakgas brennt nur bei hohen Konzentrationen, hoher Temperatur und einer starken Energiequelle. Ohne Wärmezufuhr erlischt die Flamme sofort.
- Leicht löslich in Wasser.
Vorkehrungen bei Kältemittelaustritt
- Augen-/ Gesichtsschutz:
Augenschutz, Schutzbrillen oder Gesichtsschutzschilde entsprechend der EN 166 sollten eingesetzt werden zur Vermeidung der Einwirkung von Spritzern (tiefkalter) flüssiger Gase. - Hautschutz- Handschutz:
Beim Umgang mit dem Behälter Arbeitshandschuhe tragen. Richtlinie: EN 388 Schutzhandschuhe zum Schutz vor mechanischen Risiken - Körperschutz:
Schwer entflammbare oder flammhemmende Kleidung tragen. Geeigneten Chemieschutzanzug für Notfälle bereithalten. - Atemschutz:
In sauerstoffarmen Atmosphären sind umluftunabhängige Atemschutzgeräte (AGT - Atemschutzgeräteträger) oder Überdruck Atemwegsmaske zu verwenden.
Gesetzliche und normative Grundlagen für Ammoniak-Wärmepumpen
Die Installation von Ammoniak-Wärmepumpen unterliegt einer Reihe von Vorschriften, die den sicheren Betrieb gewährleisten und potenzielle Risiken minimieren sollen. Zu den wichtigsten gehören:
- DIN EN 378 Kälteanlagen und Wärmepumpen – Sicherheitstechnische und umweltrelevante Anforderungen:
Diese Norm ist die zentrale Grundlage für die Planung, Konstruktion, Installation und den Betrieb von Kälteanlagen und Wärmepumpen, die Ammoniak als Kältemittel verwenden. Sie behandelt Aspekte wie Maschinenraumgestaltung, Lüftung, Notfallmaßnahmen und Sicherheitseinrichtungen. - DGUV Vorschrift 79 Einsatz von Kühlanlagen, Wärmepumpen und Kältemittel:
Die DGUV Vorschrift 79 konkretisiert die Anforderungen an den Arbeitsschutz beim Betrieb von Kälteanlagen und Wärmepumpen. - TRGS 727 Vermeidung von Zündgefahren infolge elektrostatischer Aufladung:
Die TRGS 727 befasst sich mit der Vermeidung von Zündgefahren durch elektrostatische Aufladung. - Europäische Druckgeräterichtlinie:
Die Druckgeräterichtlinie regelt die Anforderungen an die Auslegung, Herstellung und Konformitätsbewertung von Druckgeräten und Baugruppen. - Wasserhaushaltsgesetz (WHG):
Das WHG regelt den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen, um Verunreinigungen von Gewässern zu verhindern.
Anforderungen an den Maschinenraum
Der Maschinenraum, in dem die Ammoniak-Wärmepumpe aufgestellt ist, muss spezifische Anforderungen erfüllen, um die Sicherheit zu gewährleisten. Ein Maschinenraum ist ein abgeschlossener Raum oder Bereich mit mechanischer Belüftung, der gegenüber öffentlichen Bereichen abgedichtet ist und nicht für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Er ist speziell dafür vorgesehen, die Bauteile der Wärmepumpe zu beherbergen. Ein Maschinenraum kann auch andere Anlagen beinhalten, sofern deren Konstruktion und Einbau den Sicherheitsanforderungen der Kälteanlage entsprechen. Es muss eine Mindesthöhe von 2,1 m über dem Boden für Laufwege und Arbeitsbereiche im Maschinenraum gewährleistet sein.

Ein separater Wärmepumpenmaschinenraum hingegen dient ausschließlich der Aufstellung von Teilen der Wärmepumpenanlage und ist nur für sachkundiges Personal zugänglich, das Inspektionen, Wartungen und Reparaturen durchführt.
Bauvorschriften
- Feuerbeständigkeit:
Wände, Böden und Decken müssen eine Feuerbeständigkeit von mindestens 1 Stunde aufweisen (DIN EN 378-3 2020-12 5.12.3). Die Materialien und Konstruktion müssen den Vorgaben von EN 1363, EN 1364 und EN 1365 entsprechen. - Dichtheit:
Der Maschinenraum muss ausreichend abgedichtet sein, um das Eindringen von Kältemitteln, Dämpfen oder Gerüchen in andere Bereiche zu verhindern (DIN EN 378-3 2020-12 5.12.1). - Türen und Öffnungen:
Türen müssen selbstschließend, dicht und von innen ohne Hilfsmittel zu öffnen sein (Anti-Panik-System). Sie müssen zudem feuerbeständig sein (DIN EN 378-3 2020-12 5.12.1). - Notausgang:
Es muss mindestens einen Notausgang geben, der direkt ins Freie oder in einen Notausgangskorridor führt (DIN EN 378-3 2020-12 5.12.2).
Lüftung
- Allgemeine Lüftung:
Die Maschinenraumbelüftung muss für normalen Betrieb und Notfälle ausreichend sein. Leckagen müssen mechanisch nach außen abgeführt werden. Das System muss unabhängig sein, frische Luft gleichmäßig zuführen und Rückströmungen verhindern (DIN EN 378-3 2020-12 5.13.1). Die Lüftung muss nationalen Vorschriften entsprechen und viermal pro Stunde den Raum austauschen. Bei Nichteinhaltung sind Alarme auszulösen und ggf. die Stromversorgung abzuschalten. - Notlüftung:
Im Notfall muss eine mechanische Notlüftung aktiviert werden, um eine schnelle Ableitung von Ammoniak zu gewährleisten (DIN EN 378-3 2020-12 5.13.3). Der Luftstrom der mechanischen Lüftung muss mindestens dem durch die Gleichung errechneten Wert entsprechen: Vol. = 0.014 x m^⅔ [m³/s], wobei Vol. der Luftdurchsatz in m³/s und m die Masse des Kältemittels in kg ist. Alternativ sind 15 Luftwechsel pro Stunde für das Notlüftungssystem ausreichend. - Lüftungsöffnungen:
Lüftungsöffnungen müssen passend platziert und dimensioniert sein, um ausreichenden Luftstrom und die Ableitung von Kältemittelleckagen zu gewährleisten (DIN EN 378-3 2020-12 5.13.5). - Lüftungskanäle:
Lüftungskanäle müssen EN 1507 entsprechen und gemäß EN 12236 installiert werden. Alle Nähte und Verbindungen müssen abgedichtet werden, um Gaslecks zu minimieren. Der Kanal muss die gleiche Feuerbeständigkeit wie die Türen und Wände des Maschinenraums haben (DIN EN 378-3 2020-12 5.12.5).
Sicherheitseinrichtungen
- Gasdetektion:
Ab einer Füllmenge von 50 kg Ammoniak muss ein Detektor installiert werden, der bei einer Konzentration von 350 mg/m³ (praktischer Grenzwert, 500 ppm) einen Voralarm und bei 21.200 mg/m³ (30.000 ppm) einen Hauptalarm auslöst (DIN EN 378-3 2020-12 9.3.3).

Wichtig ist der Hinweis auf die Konzentration im Leckagefall im Bezug auf die Zündfähigkeit. Die untere Zündgrenze (UEG = LFL) liegt bei 116 g/m³, also 166.982 ppm. Der Einschaltpunkt ein Lüftungstechnik zur Verdünnung und Senkung der Konzentration hat spätestens bei 20% vom LFL, also 23 g/m³ zu erfolgen.
Um den Schutz von Schaltanlagen und elektrischen Einrichtungen (ohne ATEX) zu gewährleisten, um damit indirekte Folgen an Personen zu vermeiden, kann auch unterhalb der Füllmenge von 50 kg ein Gasdetektor zum Einschalten einer Lüftungstechnik erforderlich sein.
Dies gilt nicht im Freien (Klasse III), sondern in kleinen Maschinenräumen und belüfteten Gehäusen (Klasse IV).
- Notabschaltung:
Es müssen Nothaltschalter sowohl innerhalb als auch außerhalb des Maschinenraums vorhanden sein, um die Anlage im Notfall sofort stilllegen zu können (DIN EN 378-3 2020-12 5.6). - Beleuchtung:
In Maschinenräumen mit Ammoniak (Kältemittel R-717) müssen Glühlampen zusätzliche Spritzschutzvorrichtungen gem. DIN EN 60529, IPX 4, haben, Eine Notbeleuchtung ist erforderlich, um Steuerungen zu nutzen und die Evakuierung bei Ausfall der Allgemeinbeleuchtung zu ermöglichen (DIN EN 378-3 2020-12 5.10). - Druckentlastung:
Bei einer Füllmenge von ≥ 300 kg muss eine Anzeigeeinrichtung installiert werden, z. B. ein Kondensatableiter gefüllt mit Öl (U-Form), oder ein Druckmessgerät zwischen Entlastungsventil und Berstscheibe mit Höchstwertanzeige (DIN EN 378-2 2018 6.2.6.5). - Abblaseleitungen:
Das Abblasen aus Druckentlastungseinrichtungen muss so erfolgen, dass keine Gefährdung für Personen oder Sachwerte durch das entweichende Kältemittel entsteht (DIN EN 378-2 2018-04 6.2.6.6.5). - Augenspülung und Notdusche:
Für Anlagen mit R-717 ist eine leicht zugängliche Augenspülung erforderlich. Bei Kältemittel-Füllmengen über 1.000 kg muss außerhalb des Notausgangs des Maschinenraums eine Notdusche mit mindestens 1 l/s Durchfluss und einer Temperatur zwischen 25 °C und 30 °C vorhanden sein (DIN EN 378-3 2020-12 5.14.3.2). - Auffangsystem:
Es muss ein Auffangsystem installiert werden, um zu verhindern, dass R-717 ins Oberflächenwasser gelangt. Der Maschinenraumboden muss dicht sein, und der Auffangsystem-Ablauf sollte in der Regel verschlossen sein (DIN EN 378-3 2020-12 5.14.3.1).
Zusätzliche Hinweise für den Aufstellraum
- Kennzeichnung:
Der Maschinenraum muss deutlich als solcher gekennzeichnet sein (TRAS 110; 2021 Pkt. 4.9). - Öffnungen nach außen:
Öffnungen nach außen dürfen nicht innerhalb von 2 m zu Flucht- und Rettungstreppen oder anderen Gebäudeöffnungen liegen (DIN EN 378-3 2020-12 5.7).
Anforderungen an die Anlage
- Rohrleitungen:
Bei Komponentengruppen, bei denen die Kältemittel-Gesamtfüllmenge über 3.000 kg R-717 liegt, muss die Flüssigkeitsleitung mit einer ferngesteuerten Absperreinrichtung ausgestattet sein (DIN EN 378-2 2018-04 Anhang A). - Schalldämpfung:
Erforderliche Dämpfungsfrequenzen für Schraubenverdichter umfassen typischerweise 50 Hz, 200 Hz (inklusive harmonischer Frequenzen), 500 Hz und 1000 Hz, abhängig von Technik und Drehzahl des Verdichters (DIN EN 378-3 2020-12 5.12.5).
Fazit
Ammoniak-Wärmepumpen sind eine zukunftsweisende Technologie für die Wärmeversorgung, insbesondere in industriellen Anwendungen. Die Einhaltung der gesetzlichen und normativen Vorgaben ist dabei entscheidend für einen sicheren und effizienten Betrieb. Durch sorgfältige Planung, die Berücksichtigung der einschlägigen Normen (insbesondere DIN EN 378) und die Installation geeigneter Sicherheitseinrichtungen lassen sich die potenziellen Risiken minimieren und die Vorteile von Ammoniak als natürliches Kältemittel optimal nutzen. Die verstärkte Nutzung von Ammoniak-Wärmepumpen in der Industrie ist nicht nur ökologisch sinnvoll, sondern kann auch wirtschaftliche Vorteile durch geringere Betriebskosten und eine höhere Energieeffizienz bieten.
Bei der wachsenden Zahl an Anbietern von Ammoniak Wärmepumpen und Kältemaschinen, steigt nicht nur der Leistungsbereich und der Temperaturbereich, sondern auch die Ausführung dieser Maschinen wird zunehmen in Serie hergestellt. Eine sehr einfache Anwendung bietet dann die Aufstellung im Freien, die nicht mehr als einen Gasdetektor benötigt und damit gegenüber den Anforderungen von F-Gas-Maschinen gleichwertig ist.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was sind die wichtigsten Vorteile von Ammoniak als Kältemittel in Wärmepumpenanlagen?
Ammoniak (NH₃, R-717) hat kein Ozonabbaupotenzial (ODP = 0) und kein Treibhauspotenzial (GWP = 0). Es unterliegt keinen PFAS-Beschränkungen und bietet hohe Effizienz sowie Planungssicherheit durch fehlende Umweltauflagen.
Welche gesetzlichen und normativen Vorschriften gelten für Ammoniak-Wärmepumpen?
Die wichtigsten Vorschriften sind DIN EN 378 (Sicherheit und Umwelt), DGUV Vorschrift 79 (Arbeitsschutz), TRGS 727 (Vermeidung von Zündgefahren), die europäische Druckgeräterichtlinie und das Wasserhaushaltsgesetz (WHG).
Welche Anforderungen muss ein Maschinenraum für Ammoniak-Wärmepumpen erfüllen?
Der Maschinenraum muss feuerbeständig (mindestens 1 Stunde), abgedichtet, mechanisch belüftet und nur für Fachpersonal zugänglich sein. Es sind ein Notausgang, selbstschließende Türen und eine Mindesthöhe von 2,1 m erforderlich.
Wie muss die Lüftung in Maschinenräumen mit Ammoniak-Wärmepumpen gestaltet sein?
Die Lüftung muss viermal pro Stunde den Raum austauschen und bei Leckagen mechanisch nach außen abführen. Im Notfall ist eine Notlüftung mit mindestens 15 Luftwechseln pro Stunde vorgeschrieben.
Welche Sicherheitseinrichtungen sind bei Ammoniak-Wärmepumpenanlagen vorgeschrieben?
Erforderlich sind Gasdetektoren, Nothaltschalter, Notbeleuchtung, Druckentlastung, Abblaseleitungen, Augenspülung, ggf. Notdusche und ein Auffangsystem für ausgetretenes Ammoniak.
Welche Schutzmaßnahmen sind beim Umgang mit Ammoniak zu beachten?
Es sind Augen-, Gesichts-, Haut- und Körperschutz zu tragen, schwer entflammbare Kleidung zu verwenden und bei Bedarf umluftunabhängige Atemschutzgeräte einzusetzen.