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Wie funktioniert eigentlich der Eignungstest einer Wärmepumpe?

Elmar Held

Wir sind Profis und man verlangt verständlicherweise professionelles Auftreten von uns. Im Neubausektor ist es problemlos möglich, eine Wärmepumpe für ein Einfamilienhaus zu dimensionieren. Wir Profis lehnen das an eine Heizlastberechnung an und beziehen gegebenenfalls noch die Werte für die Trinkwassererwärmung und vielleicht auch noch die Abschaltzeiten des Energieversorgungsunternehmens ein. Abschließend erhalten wir dann einen Wert für die notwendige Heizleistung

der Wärmepumpe.

Also könnte man fragen: Wo ist das Problem, diese Vorgehensweise im Bestandsgebäude ebenso anzuwenden?

Die wichtigen Antworten hierauf erfahren Sie in diesem Bericht. Und, schon mal vorweg, da laufen sehr viele Faktoren zusammen. Es sind also die höheren Weihen der Heizungstechnik, die einen Anlagenmechaniker befähigen, eine Wärmepumpe für ein Bestandsgebäude passend auszuwählen.

Heizlast in Kurzform

Mit einer Berechnung nach DIN EN 12831 erhält man raumweise und abschließend bezogen auf ein Gebäude eine Heizlast. Das Ergebnis für ein Wohnhaus soll dann im Beispiel dieses Berichts sein, dass bei einer angenommenen Außentemperatur von –10 °C für das Wohnhaus im Beispielort Rostock eine Leistung 8.000 Watt zur Beheizung notwendig wird.

Ganz kurz zum Verständnis:

In 18106 Rostock wird die Außentemperatur zur Berechnung der Normheizlast mit genau –10 °C angenommen. Ergibt sich dann eine Gebäudeheizlast für dieses Gebäude, an diesem Ort, so gilt diese natürlich nur für diese Temperatur. Weniger kalte Außentemperaturen erfordern eine geringere Leistung des Wärmeerzeugers. Würde man aber bei anhaltenden –10 °C unverändert eine Wärmeleistung von beispielhaften 8.000 Watt liefern, so bliebe das Wohnhaus mit sämtlichen Räumen auf Wunschtemperatur.

Sie merken, man kann also ohne Einschränkung erst einmal nur von der Leistung eines Wärmeerzeugers ausgehen, um diesen festzulegen. Es war nicht die Rede von einem Gasgebläsebrenner, einer Ölfeuerung oder von einem Hackschnitzelkessel, geschweige denn von einer Wärmepumpe. Leistung ist Leistung!

Eine Kesselregelung ist der Schlüssel zum Testprogramm.

Wenn die Wärmelieferanten nicht getauscht werden können

In diesem Rostocker Bestandsgebäude sind die angeschlossenen Heizflächen bereits ausgelegt worden und natürlich schon montiert. Das bedeutet, dass die zur Übergabe der Wärme an den jeweiligen Raum notwendigen Wärmelieferanten nicht mehr ohne größeren Aufwand angepasst werden können.

Beispiel A (Fernwärmehaus):

Die Heizkörper des Wohnhauses in Rostock wurden seinerzeit für ein Fernwärmesystem ausgelegt. Man ging daher davon aus, dass eine Vorlauftemperatur von 90°C für jeden der Heizkörper zur Verfügung stehen würde.

Beispiel B (Hackschnitzelhaus):

Die Heizkörper des Wohnhauses in Rostock wurden seinerzeit für einen Hackschnitzelkessel ausgelegt. Man ging daher davon aus, dass eine Vorlauftemperatur von 70°C zur Verfügung stehen würde.

Beispiel C (Ölkesselhaus):

Die Heizkörper des Wohnhauses in Rostock wurden für einen Ölkessel ausgelegt. Man ging von 65°C als Vorlauftemperatur aus.

Beispiel D (Brennwerthaus):

Die Fußbodenheizkreise des Wohnhauses in Rostock wurden seinerzeit für einen Brennwertkessel ausgelegt. Man ging von 55°C als Vorlauftemperatur aus.

Die Heizlast des Wohngebäudes liegt konstant bei 8.000 Watt, die Bedingungen zur Wärmeübergabe unterscheiden sich jedoch erheblich.

Sie wandern nun durch diese äußerlich gleichen 8.000-Watt-Wohnhäuser und stellen fest, dass im Haus mit Anschluss an die Fernwärme nur winzige Heizkörper installiert sind. Deutlich größere Heizkörper befinden sich im Hackschnitzelhaus und noch größere im Haus mit Ölfeuerung. Gar keine Heizkörper im Brennwerthaus runden das Bild der Häuser ab. Hier finden Sie nur Verteiler für die Fußbodenheizkreise.

Bei einer Nachfrage bestätigen die langjährigen Bewohner der Häuser allesamt, dass die Räume angenehm temperiert werden konnten. Man fühlte sich also wohl.

Aussage zur Heizlast reicht nicht

Sollten diese vier speziellen Wohnhäuser eine Wärmepumpe zur Beheizung erhalten, wäre die blanke Aussage über die identische Heizlast von 8.000 Watt nicht gerade auskömmlich. Die Unterscheidung der Ausgangslagen bringt Sie jetzt schon ins Wanken, was die Beheizung angeht.

Beispiel Fernwärme

Ganz überspitzt: Würde man jetzt das Fernwärmehäuschen bei –10 °C mit 90°C im Vorlauf betreiben wollen und würde man den Bewohnern dann erklären, dass diese 90°C an nur wenigen Tagen im Jahr notwendig wären und ansonsten würden auch zwischen 75 und 80°C ausreichen... Wohl kaum.

Eine Wärmepumpe nach heutigem Stand der Technik würde als Ersatz für die Fernwärme hier voraussichtlich keine befriedigenden Ergebnisse erzielen können. Der Prozess zur Erzeugung von Vorlauftemperaturen in dieser Höhe ist denkbar, aber derzeit nicht wirtschaftlich erreichbar. Im Fernwärmehäuschen würde man daher auf den ersten Blick kaum über die Anschaffung der Wärmepumpe als einzigen Wärmeerzeuger nachdenken können. Hier müsste zuerst geprüft werden, ob die vorhandenen Heizflächen, die ja ursprünglich für die hohen Vorlauftemperaturen vorgesehen waren, ausgetauscht und letztlich vergrößert werden können. Oder kann man eventuell mit Flächenheizungen an Fußboden, Wand oder Decke einen Ersatz oder eine Ergänzung zu den vorhandenen kleinen Heizkörperflächen schaffen? Wäre dann eine Wärmepumpe in der Lage, die Heizlast abzudecken bei gleichzeitig realistischen Vorlauftemperaturen?

Zwischenbilanz

Sie haben natürlich bemerkt, dass das Beispiel dieser gleich großen Häuser mit identischer Heizlast absichtlich so ausgewählt wurde. Es muss klar sein, dass extrem hohe Vorlauftemperaturen nicht wirtschaftlich von einer Wärmepumpe erbracht werden können. Aber bitte lesen Sie weiter, damit noch mehr kluge Schlüsse gezogen werden können.

Ist die Heizkurve 1,0 eingestellt, so wird, wie im Ablesebeispiel erkennbar, bei–10 °C eine Vorlauftemperatur von ca. 52 °C erzeugt

Und die drei anderen Beispielhäuser?

Gehen wir davon aus, dass die drei anderen Häuser potenziell noch zur Diskussion stehen.

Rechnerisch kann sich der Heizungsbauer jetzt auf eine Wanderschaft begeben und nachrechnen, was jeweils mit den bestehenden Heizflächen erreicht werden kann. Dazu würde man eine derzeit wirtschaftlich erreichbare Vorlauftemperatur von 52°C für eine moderne Wärmepumpe zugrunde legen und schauen, ob es funktionieren kann mit den jeweils bereits installierten Heizflächen, also Heizkörpern oder Fußbodenheizungen.

Obwohl ich ein Freund des Rechnens bin, muss ich doch vor dieser Aufgabe warnen. Sie haben, wenn Sie das ernsthaft rechnen wollen, ein bestehendes Rohrnetz und bestehende Heizflächen, die Sie in ein neues technisches Korsett pressen wollen, um letztlich die schlanke Taille rauszuarbeiten. Und am Ende der Berechnungen schulden Sie den Erfolg, also eine wohlig warme Bude bei geringen Heizkosten.

Eine etwas andere Vorgehensweise

Die nachfolgend beschriebene Vorgehensweise wirkt unwissenschaftlich und wie von einem Schätzer, soll aber unbedingt vorgestellt werden:

Die drei verbleibenden Häuser werden einem Test unterzogen. Es werden die Heizkurven der Heizungsregelung so justiert, dass den angeschlossenen Heizflächen schon vor dem möglichen Umbau der Betrieb einer Wärmepumpe vorgegaukelt wird.

Konkret wird also jedem Regler zur Ansteuerung der Heizflächen, also Heizkörper- und Fußbodenheizkreise, die maximale Einstellung der zukünftig wirtschaftlichen Heizkurve vorgegeben.

Die magische Grenze wird derzeit für eine Wärmepumpe bei einer Neigung der Heizkurve von 1,0 gesehen.

Mögliche Szenarien

Die drei Häuser sind während der Wintermonate tiefen Außentemperaturen ausgesetzt. Die Wärmeerzeuger verhalten sich während dieser Testphase schon wie die geplante Wärmepumpe.

Folgende beispielhafte Effekte könnten jetzt fühlbar werden:

Hackschnitzelhaus

Im Hackschnitzelhaus hat man schon vor Jahren an den hydraulischen Abgleich gedacht. Daher werden sämtliche Heizkörper in den Räumen gleichmäßig erwärmt. Hier wurde auch die obere Geschossdecke zum Dachboden nachträglich gedämmt und sämtliche Fenster wurden im letzten Jahr erneuert. Das Hackschnitzelhaus ist offensichtlich und fühlbar gut gerüstet für eine Wärmepumpe.

Sämtliche Maßnahmen zur Energieeinsparung, die schon vor dem geplanten Wechsel des Wärmeerzeugers durchgeführt wurden, spielen der geplanten neuen Anlage in die Karten. Waren die ursprünglichen Vorlauftemperaturen von 70°C noch üppig hoch, so können diese offensichtlich reduziert werden. Bauliche Maßnahmen helfen also, die erforderlichen Vorlauftemperaturen zu reduzieren. Der geplante Einbau einer Wärmepumpe wird sicherlich ein Erfolg. Und, was in diesem Zusammenhang ebenfalls wichtig ist, der Anlagenmechaniker, der diese Wärmepumpe montiert, wird beim Auftraggeber nicht in Ungnade fallen.

Ölkesselhaus

Im Ölkesselhaus wurde wenig bis nix investiert in energiesparende Maßnahmen. Bei der Durchführung des Heizkurvenexperiments werden nur sechs der insgesamt acht Räume ausreichend warm. Ist dieses Defizit auf den fehlenden hydraulischen Abgleich zu schieben? Reichen eventuell schon kostengünstige Maßnahmen wie das Dämmen der obersten Geschossdecke aus, um den beiden letzten problematischen Räumen auf die notwendigen Temperatursprünge zu helfen?

Die anstehenden Diskussionen sollte man als Auftragnehmer in jedem Fall vor dem Wechsel zur Wärmepumpe führen. Tritt die Unterversorgung erst nach dem Einbau der Wärmepumpe ans Licht, ist das Vertrauensverhältnis eventuell nachhaltig beschädigt. Aus meiner Erfahrung kann ich berichten, dass im Zweifel jeder noch so gute Vorschlag des Heizungsbauers als Ausrede beim Auftraggeber ankommt.

Sinngemäß wird seitens des Auftraggebers gedacht: „Der hat mir eine minderwertige Technik eingebaut und dazu noch die technischen Vorgaben nicht eingehalten und jetzt soll ich mit meinem sauer verdienten Geld nachträglich Abhilfe schaffen und die Fehler des Heizungsbauers kaschieren.“

Brennwerthaus

Das Brennwerthaus wird bis auf das sehr große Wohnzimmer gleichmäßig und komfortabel warm. Bisher konnte die Heizungsanlage offensichtlich mit entsprechend steiler Heizkurve diesen Fehler glattbügeln. Ein Brennwertkessel tarnt hydraulische Fehler nun mal lautlos und ohne große Anstrengungen. Für die Zukunft sollte man dem Manko der Unterversorgung für das Wohnzimmer mit einem nachträglichen hydraulischen Abgleich aller Heizkreise des Hauses entgegenwirken. Natürlich können auch diesem Haus nachträgliche Dämmmaßnahmen guttun. Für die Funktionsfähigkeit der Wärmepumpe sind solche Arbeiten aber nicht zwingend erforderlich.

Fazit der Betrachtungen

Eins von vier Häusern mit ansonsten ursprünglich identischer Heizlast fällt schon vor Testbeginn raus. Die anderen sind geeignet und lassen einen wirtschaftlichen Betrieb erwarten. Bei einem bivalenten Betrieb würde der Heizstab gegebenenfalls unterstützend und mit nur geringem zeitlichen Einsatz nachhelfen. Ansonsten wird der Wärmepumpenprozess einen Großteil der Heizperiode glattbügeln.

Hätte man auf den Test, also das Anpassen der Heizkurve, verzichten können und die Folgen des Umbaus erst nachträglich diskutieren sollen?

Ob nachträgliche Dämmmaßnahmen einen gewünschten Erfolg hatten, lässt sich im Test ausprobieren.

Meine Meinung

Argumente zur Verbesserung der allgemeinen Einbausituation lassen sich vor dem Einbau einer Wärmepumpe deutlich besser besprechen als nachher. Es ist natürlich nicht die Aufgabe eines Heizungsbauers, kostenfrei einen hydraulischen Abgleich der Anlage durchzuführen oder eine obere Geschossdecke nachträglich zu dämmen. Sind solche Arbeiten aber sinnvoll, um den wirtschaftlichen Betrieb einer Wärmepumpe zu gewährleisten oder überhaupt zu ermöglichen, sollte man als Profi solche Arbeiten vor dem Einbau des Herzstückes „Wärmepumpe“ klar erläutert haben.

Kleine fachliche Spitze

Im beschriebenen Hackschnitzelhaus ist durch die nachträgliche Dämmung der obersten Geschossdecke und durch die Erneuerung der Fenster nicht nur die notwendige Vorlauftemperatur für die Beheizung reduziert worden, natürlich sinkt durch solche Maßnahmen auch die Heizlast. Es ist also zu prüfen, ob die nächst kleinere Wärmepumpe ebenso ausreichen könnte.

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