Neuer Qualitätsstandard für Wallboxen: Projekt Wallbox-Inspektion liefert erste Prüfkriterien

Immer mehr E-Autos werden zu Hause geladen – oft mit Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage. Derzeit finden rund 53 Prozent aller Ladevorgänge im privaten Umfeld statt. Besitzerinnen und Besitzer einer PV-Anlage nutzen in 93 Prozent der Fälle eine Wallbox, um ihr Elektrofahrzeug möglichst mit selbst erzeugtem Strom zu laden. Um dies wirtschaftlich und präzise zu steuern, braucht es intelligente Ladelösungen.
Projekt „Wallbox-Inspektion“ schafft transparente Vergleichsgrundlage
Im Projekt „Wallbox-Inspektion“ haben das Fraunhofer ISE, die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin und der ADAC erstmals standardisierte Prüfverfahren für solaroptimiertes Laden entwickelt. Untersucht wurden marktverfügbare Wallboxen unter realitätsnahen Bedingungen. Das Ziel: ein einheitlicher Qualitätsmaßstab für solargesteuertes, unidirektionales Laden.
Ein begleitender Industriebeirat unterstützte die Entwicklung eines Prüf- und Bewertungsleitfadens. Die Messergebnisse werden in einem Wallbox-Score zusammengeführt, der die Geräte für Verbraucher vergleichbar machen soll. Das Projekt wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.
Realitätsnahe Tests mit digitalem Fahrzeug-Zwilling
Im Digital Grid Lab des Fraunhofer ISE wurden verschiedene Wallboxmodelle unter einheitlichen Bedingungen getestet. Statt echter Fahrzeuge kam der „ev twin“ zum Einsatz – ein digitaler Fahrzeug-Zwilling, der das Ladeverhalten von über 5.000 E-Autos simulieren kann. Das beschleunigt die Testverfahren und macht sie reproduzierbar.
Im Fokus standen unter anderem:
die Kommunikation zwischen Wallbox und Fahrzeug
die Regelgüte beim Einspeichern von Solarstrom
die Umschaltung zwischen ein- und dreiphasigem Betrieb bei geringer Leistung
der Stromverbrauch im Betrieb und im Standby-Modus
Reaktionsverhalten der Wallboxen entscheidend für solares Laden
Die Ergebnisse zeigten deutliche Unterschiede zwischen den getesteten Geräten. Einige Wallboxen passten die Ladeleistung sofort an Veränderungen im Solarstromangebot an, andere mit Verzögerungen von bis zu 90 Sekunden. Auch im Standby-Modus reagierten die Geräte unterschiedlich: manche gingen in einen stromsparenden „Deep Standby“, andere nicht.
Eine hohe Regelgeschwindigkeit mit stabiler Steuerung ist laut Projektleiter Dr. Bernhard Wille-Haussmann entscheidend für effizientes solargespeistes Laden. Das Verhalten der Wallbox müsse dabei möglichst exakt auf die solare Erzeugung abgestimmt sein.
Empfehlung: Wallbox individuell konfigurieren
Die Studienergebnisse zeigen außerdem: Für optimale Ergebnisse sollten Nutzerinnen und Nutzer das Energiemanagementsystem an das Fahrzeug und den eigenen Verbrauch anpassen. In der Praxis verbessert das die Regelqualität und minimiert Unterschiede zwischen verschiedenen Wallbox-Modellen.
Der Wallbox-Score der HTW Berlin basiert auf realen Messergebnissen und Simulationsrechnungen. Die Daten fließen auch in die Verbraucherberatung des ADAC ein.
Neue Standards für Industrie und Verbraucher
Das Projekt zielt nicht nur auf mehr Transparenz für Endanwender ab, sondern gibt auch konkrete Hinweise zur Produktverbesserung an die Wallboxhersteller. Für Installateure liefert der Score eine Orientierung, welche Geräteeinstellungen für eine optimale Nutzung von Solarstrom geeignet sind.
Mit dem einheitlichen Prüfansatz leistet das Projekt „Wallbox-Inspektion“ einen Beitrag zur Qualitätssicherung in einem wachsenden Marktsegment der Elektromobilität.