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Bedenken- und Hinweispflicht am Bau: Wer ist der richtige Adressat?

Matthias Scheible

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit Fassadenarbeiten an der Vorder- und Rückseite zur Herstellung eines Wärmedämmverbundsystems für das Mehrfamilienhaus sowie mit Maler- und Spachtelarbeiten im Inneren des Gebäudes. Teile der Fassadenarbeiten waren bereits zuvor von einem anderen Malerbetrieb begonnen worden und sollten von dem AN abgeschlossen werden. Im Angebot zu den Arbeiten führte der AN aus, daß er keine Gewährleistung für die Vorarbeiten übernehmen werde, wenn die Arbeiten nicht mittels Sachverständigen als ordnungsgemäß bewertet werden. Neben der Beauftragungssituation war zwischen den Vertragsparteien streitig, ob und inwieweit der AN für auftretende Mängel am Gewerke haften könne. Zusätzlich hatte der AN den bauleitenden und bevollmächtigten Architekten des AG darüber informiert, daß Maßtoleranzen der DIN 18202 aufgrund der Vorarbeiten nicht eingehalten werden könnten.

Der AG verweigert nach Ausführung die Zahlung des Restwerklohns aufgrund von behaupteten Mängeln beim Gewerk.

Der AN vertritt die Auffassung, dass er ausreichend Bedenken gegen die Vorarbeiten gegenüber dem bauleitenden und bevollmächtigten Architekten geäußert habe und insoweit nicht für Mängel am Gewerk haften könne. Dass von Seiten des AG keine Reaktion auf die Bedenkenanzeige erfolgte, sei unschädlich.

So entschied das Gericht

Der AN erhält in Bezug auf die Nichteinhaltung der Maßtoleranzen Recht. Der AN haftet nicht. 

Das Gericht führte dazu aus, dass der erteilte Bedenkenhinweis, dass aufgrund des Untergrundes die Maßtoleranzen durch eine einfache Spachtelung nicht einzuhalten sind, inhaltlich richtig war. Er sei auch unverzüglich erteilt worden, weil keine Anhaltspunkte dargetan oder sonst ersichtlich gewesen sein sollen, dass der Hinweis früher hätte erteilt werden können. Insbesondere ergaben sich aus dem Text der Bedenkenanzeige gerade nicht, dass die Arbeiten bereits vollständig abgeschlossen waren. Die Abgabe des Bedenkenhinweises gegenüber dem Architekten war ausreichend. Die Erklärung gegenüber einem rechtsgeschäftlichen Vertreter oder einem Empfangsbevollmächtigten reiche insoweit grundsätzlich aus. Nur in Einzelfällen wäre der AG ausnahmsweise selbst hinzuweisen, wenn sich "der befugte Vertreter" den Bedenken verschließt, so dass dann der Bauherr selbst hinzuweisen sein soll. Ein solcher Ausnahmefall habe hier allerdings nicht vorgelegen.

Das Schweigen der durch den sachkundigen Architekten, vertretenen AG auf den Bedenkenhinweis lässt die Gewährleistungspflicht des AN entfallen. Die Durchführung der Arbeiten führte nicht zu einem nicht verwertbaren Werk, sondern lediglich zur Nichteinhaltung der Maßtoleranzen. Der bauleitende und fachkundige Architekt als Vertreter des AGs habe einen eindeutigen Hinweis erhalten, was zu tun sei, um die Maßtoleranzüberschreitung zu vermeiden. Im vorliegenden Einzelfall konnte und durfte der AN das Schweigen darauf so verstehen, es könne unverändert weitergearbeitet werden.

Grundsätzliches und Fazit

Grundsätzlich hat der AN nur für eine mangelhafte Werksausführung einzustehen. Allerdings bestehen Prüfungs- und Hinweispflicht für den Planer und das ausführende Unternehmen im Werkvertragsrecht gemäß BGB oder beim VOB/B-Vertrag. Mitteilungspflichtige Bedenken werden dann ausgelöst, wenn der fachkundige und zuverlässige AN Anlass zu einer entsprechenden Vermutung hat, dass die gewählte Ausführung nicht die gewünschte Funktionalität aufweisen könnte. Das ausführende Unternehmen oder der Planer können sich danach von der Mängelhaftung nur dann befreien, wenn sie den AG über die drohenden Nachteile der vorgesehenen Ausführung unverzüglich aufklären.

Gibt der AG die Ausführung vor diesem Hintergrund und im Wissen um die Nachteile frei, kann sich der AN enthaften. Richtiger Adressat der Bedenken und Hinweise ist immer der Bauherr/AG.

Als richtiger Adressat der Bedenkenhinweise kann aber auch der bevollmächtigte Planer in Betracht kommen. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Architekt vom AG zur Entgegennahme von entsprechenden Mitteilungen beauftragt und bevollmächtigt wurde. Sollten Zweifel über die Bevollmächtigung des Planers bestehen oder ist ersichtlich, dass der Architekt sich den Bedenken vollständig verschließt bzw. diese ablehnt, ist der Hinweis immer auch direkt an den AG zu richten.

OLG Düsseldorf, Beschluß v. 16.04.2020, Az.: 5 U 131/18 .11.2019; mit Beschluß des BGHs v. 24.02.2021, Az.: VII ZR 72/20 wurde die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.

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