Direkt zum Inhalt
Anzeige
Anzeige
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder
Print this page

Holzfertigbau: Neuer Gefahrtarif ist rechtswidrig

Das Sozialgericht Freiburg hat in mehreren Verfahren von Holzfertigteilbau-Unternehmen gegen die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft (BG Bau) entschieden und den Klägerinnen vollumfänglich Recht gegeben. Die Richter folgten in ihrer Begründung der Argumentationslinie der Unternehmen und erklärten somit den neuen Gefahrtarif der BG Bau in Bezug auf den Holzfertigbau für rechtswidrig.

Geklagt hatten die Holzhaus Bonndorf GmbH, die Ing. Holzleimbau Wiedmann GmbH & Co. KG und die Frammelsberger R. Ingenieur-Holzbau GmbH. Sie hatten sich gegen die von der BG Bau beschlossene Neueinstufung ihrer Betriebe in eine Gefahrtarifstelle gemeinsam mit Zimmerei- und Dachdeckerbetrieben gewandt – Berufsgruppen mit deutlich höheren Unfallrisiken.

Gericht: „Unterschiedliche Arbeitsbedingungen und damit unterschiedliche Risiken“

Das Gericht stellte klar, dass die Einstufung industrieller Holzfertigbauunternehmen in denselben Gefahrtarif wie handwerkliche Zimmereien nicht zulässig ist, weil die beiden Bereiche unter unterschiedlichen Arbeitsbedingungen ihre Arbeit verrichten und damit auch unterschiedlichen Risiken ausgesetzt sind. Mitarbeiter in Fertigbauhallen haben gegenüber jenen auf offenen Baustellen ein erheblich geringeres gesundheitliches Risiko.

Zudem habe das vorgelegte „Zahlenmaterial nicht ausgereicht“, um zu belegen, dass Holzfertigteilbetriebe und Zimmerer in einer Tarifstelle zu führen seien. Das Gericht führte aus, die drei in Freiburg vertretenen Kläger „passen nicht zur Tarifstelle der Zimmerer“. Es gebe „zu viele und zu gravierende technologische Unterschiede“ in der Arbeitswirklichkeit.

Ein unabhängiges Rechtsgutachten der Universität Potsdam kommt ebenfalls zu dem Schluss, dass der neue Tarif rechts- und verfassungswidrig ist.

„Ein wichtiger Sieg für Fairness und gesunden Menschenverstand“

Prof. Dr. Mathias Schäfer, Präsident der Interessengemeinschaft Arbeitssicherheit Holzfertigteilbau (IGAH) und des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau (BDF) sowie Geschäftsführer der FingerHaus GmbH, begrüßte das Urteil:

„Das Sozialgericht Freiburg hat heute bestätigt, was wir seit Monaten betonen: Die Gleichstellung industrieller Holzfertigbauer mit Dachdeckern und Zimmerern ist falsch, ruinös und verfassungswidrig. Zwischen den Unfallgefahren auf der Baustelle und in einer Fertigungshalle liegen Welten. Dieses Urteil ist ein Sieg für Fairness, Sachkunde und den gesunden Menschenverstand.“

Schäfer forderte die BG Bau und das BAS auf, den Gefahrtarif nun umgehend zurückzunehmen und auf eine sachgerechte, risikoorientierte Neuregelung hinzuarbeiten.

BG Bau unter Druck – Gerichtsurteile häufen sich

Bereits am 8. September hatte das Sozialgericht Würzburg in mehreren Fällen zugunsten der Fertighausunternehmen entschieden. Insgesamt haben bundesweit mehr als 70 Betriebe – darunter Branchengrößen wie SchwörerHaus, WeberHaus, Baufritz, HUF HAUS, OKAL und allkauf Haus – Klage gegen den neuen Gefahrtarif eingereicht.

Die wirtschaftlichen Auswirkungen des seit Beginn vergangenen Jahres geltenden Tarifs sind gravierend: Für ein mittelständisches Unternehmen bedeuten die neuen Beiträge Mehrkosten von rund 1.000 Euro pro Mitarbeiter und Jahr – bundesweit eine Zusatzbelastung von etwa 100 Millionen Euro in fünf Jahren.

IGAH fordert strukturelle Reform der BG Bau

Die IGAH kündigte an, das Urteil zum Anlass zu nehmen, gemeinsam mit Politik und Aufsichtsbehörden eine Reform der Beitragssystematik der BG Bau anzustoßen. Schäfer betonte:

„Die heutige Entscheidung zeigt, dass die beitragsfinanzierte Selbstverwaltung nur funktionieren kann, wenn sie fair, transparent und rechtsstaatlich handelt. Das Vertrauen der Unternehmen darf nicht länger durch krasse Fehlentscheidungen zerstört werden.“

Rechtsanwalt Prof. Dr. Dombert, dessen Potsdamer Kanzlei 26 klagende Bauunternehmen vor den deutschen Sozialgerichten vertritt, sagte: 

„Das Sozialgericht Freiburg hat heute festgestellt, dass der 4. Gefahrtarif der BG Bau rechtswidrig ist. Damit schließt es sich der Rechtsprechung des Würzburger Sozialgerichts an, wonach Zimmerer und Holzfertigteilhersteller unterschiedlichen Gewerbezweigen angehören und daher nicht gemeinsam in einer Gefahrklasse veranlagt werden dürfen. Wir sehen unsere Rechtsauffassung damit in vollem Umfang bestätigt. Das Gericht hat nämlich deutlich gemacht, dass der 4. Gefahrtarif nicht nur gravierende handwerkliche Mängel aufweist, sondern auch die rechtlichen Vorgaben zur Bildung von Gefahrklassen und Gewerbezweigen verkannt wurden.“

Das könnte Sie auch interessieren

Anzeige
haustec.de
Das Fachportal für die Gebäudetechnik
Ad placeholder