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Tipp vom Anwalt: Wann ist eine Mangelbeseitigung unverhältnismäßig

Matthias Scheible

1. Sachverhalte

Fall 1

Der Auftragnehmer (AN) wird damit beauftragt, die lichte Höhe im Erdgeschoss eines Gebäudes des Auftraggebers (AG) um eine Steinreihe zu erhöhen. Der AG will damit im Eingangsbereich ein großzügigeres und angenehmeres Raumgefühl schaffen. Bei der Ausführung wird vergessen die Steinreihe  einzubauen. Der AN teilt zunächst mit, eine nachträgliche Einbringung der Steinreihe sei technisch unmöglich und bietet einen Nachlass an. Der AG besteht jedoch auf die vertragsgemäße Erfüllung,  da durch ein hydraulisches Anheben des Daches das Einbringen der Steinreihe technisch doch möglich ist. Der AN trägt den Einwand der Unmöglichkeit, bzw. Unverhältnismäßigkeit vor.

Fall 2

Auftraggeber (AG) und Auftragnehmer (AN) schließen einen Bauvertrag über die Errichtung von Balkonen an einem Mehrfamilienhaus. Nach der Abnahme der Leistung beanstandet der AG, dass Wasser an der Hauswand herunterlaufe, was auf eine mangelhafte Abdichtung der Balkone, die nicht fachgerechte Verlegung der Holzbohlen und ein nicht ausreichendes Gefälle der Entwässerungsrinnen zurückzuführen sei. Er verlangt vom AN Kostenvorschuss für die Mängelbeseitigung. Der AN meint, die Kosten seien unverhältnismäßig hoch. 

2. Entscheidungen

Fall 1

Es sei ein unverhältnismäßiger Aufwand anzunehmen, wenn einem objektiv geringen Interesse des Bestellers ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweise unangemessener Aufwand gegenüberstehe. Dazu sei nach Treu und Glauben eine Gesamtabwägung durchzuführen unter Beachtung, ob und in welchem Ausmaß der Unternehmer den Mangel verschuldet hat. Vorliegend greife der Einwand nicht, da es sich bei der Geschosshöhenvereinbarung um eine ausdrückliche, vom Standard abweichende Vereinbarung handle, die bewusst zur Verwirklichung der gestalterischen Vorstellungen der Kläger für das Haus als zukünftigen Lebensmittelpunkt getroffen wurde. Die fehlende Geschosshöhe sei kein kleiner Schönheitsfehler, sondern die Höhe entfalte ähnlich wie in Altbauten räumliche Wirkung. Auch die Funktion sei beeinträchtigt, weil etwa nur Schränke geringerer Höhe aufgestellt werden können (vgl. LG Lübeck, Urteil v. 10.10.2018, Az.: 9 O 130/15).

Fall 2

Der AN muss zahlen! (vgl. u.a. OLG Celle, Urteil v. 31.08.2017, Az.: 13 U 154/15; die Nichtzulassungsbeschwerde wurde vor dem BGH zurückgenommen, Beschluss v. 24.01.2018, Az.: VII ZR 223/17). Nach den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen ist die Leistung des AN mangelhaft, weshalb der AG die Zahlung eines Vorschusses verlangen kann. Die Mängelbeseitigung ist dem AN auch nicht unzumutbar. Eine Mängelbeseitigung ist dann unverhältnismäßig, wenn der mit der Nachbesserung erzielte Erfolg bei der Abwägung aller Umstände des Einzelfalls in keinem vernünftigen Verhältnis zur Höhe des dafür erforderlichen Aufwands steht. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung mit Rücksicht auf das objektive Interesse des AG zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (BGH, IBR 2002, 128).

3. Grundsätzliches und Fazit

Die oben dargestellten Leitsätze zeigen, dass für den Einwand der Unverhältnismäßigkeit der Mangelbeseitigung hohe Hürden bestehen. Der Einwand der Unverhältnismäßigkeit ist nur dann gerechtfertigt, wenn das Bestehen auf ordnungsgemäßer Vertragserfüllung mit Rücksicht auf das objektive Interesse des Auftraggebers zu dem dafür erforderlichen Aufwand unter Abwägung aller Umstände einen Verstoß gegen Treu und Glauben darstellt (vgl. BGH, BauR 2002, 613, 618). Bei der gebotenen Abwägung ist insbesondere von Bedeutung, ob und in welchem Ausmaß der Auftragnehmer den Mangel verschuldet hat (BGH, ZfBR 2006, 154, 156). Eine Unverhältnismäßigkeit liegt danach in aller Regel nur vor, wenn einem objektiv geringen Interesse des Auftraggebers an einer völlig mangelfreien, ordnungsgemäßen Vertragsleistung ein ganz erheblicher und deshalb vergleichsweiser unangemessener Aufwand gegenübersteht (BGH, BauR 1996, 858, 859). Hat der Auftraggeber hingegen objektiv ein berechtigtes Interesse an einer ordnungsgemäßen Erfüllung des Vertrages, kann ihm der Auftragnehmer regelmäßig die Nachbesserung wegen hoher Kosten der Mängelbeseitigung nicht verweigern. Ohne Bedeutung für die erforderliche Abwägung sind hingegen das Preis-/Leistungsverhältnis und das Verhältnis des Nachbesserungsaufwands zu den zugehörigen Vertragspreisen (BGH, BauR 1997, 638).

Lediglich bei der Rüge kleiner Schönheitsfehler am Werk könnte z.B. der Einwand  der Unverhältnismäßigkeit greifen.

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