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Tipp vom Anwalt: Bedenken- und Hinweispflicht bei Vorarbeiten

Matthias Scheible

Sachverhalt

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit Fensterarbeiten an einem Neubauvorhaben sowie einen Maler und Gipser. Nach Fertigstellung der Fenster und der Malerarbeiten bei den Fenstern stellt der AG Mängel an sechs Schrägfenstern im 1. Obergeschoss und im Spitzboden fest. Diese ließen sich nur um etwa 50 Grad öffnen.

Der Mangel sei laut AG darauf zurückzuführen, dass die Scharniere der reinen Drehfenster eine andere Bewegungsgeometrie, nämlich eine zu weit außenliegende Drehachse aufwiesen als die übrigen verbauten Dreh-Kipp-Fenster. Zudem sei die Dichtigkeitsfolie nicht seitlich auf den Blendrahmen, sondern vorne auf den Blendrahmen geklebt worden.

Der Maler und Gipser habe dann noch auf die auf den Rahmen geklebte Folie aufgeputzt. Sowohl das Aufkleben der Dichtigkeitsfolie vorne auf den Blendrahmen als auch das anschließende Aufputzen auf diese stellten eine nicht sach- und fachgerechte Leistung dar, die den Öffnungswinkel der Fenster weiter beeinträchtigt habe.

Der AN verteidigte sich im gerichtlichen Verfahren damit, dass der eingeschränkte Öffnungswinkel darauf zurückzuführen sei, dass die Blendrahmen vollständig eingeputzt worden seien, sodass keine ausreichende Wandluft mehr verblieben sei.

Der Maler und Gipser behauptete ebenfalls seine Leistung sei mangelfrei, weil der Fensterbauer keine andere Ausführung zugelassen habe.

Entscheidung

Der Fensterbauer wurde auf Schadensersatz verurteilt. Die Werkleistung war laut Gericht mangelhaft. Zwar sei der Einbau der Fenster nicht zu beanstanden. Demnach wurde dem AN nicht zur Last gelegt, dass er Bänder mit versetztem Drehpunkt verwendet hatte, noch dass er die Winddichtigkeitsfolie auf die Blendrahmen der Fenster aufgeklebt hatte. Zwar hatte der beauftragte Sachverständige ausgeführt, dass Bänder mit einem anderen Drehpunkt hätten verarbeitet werden müssen, sofern der erforderliche Platzbedarf nicht vorhanden sei. Allerdings war festzustellen, dass bei der gegebenen Blendrahmenbreite vom 86 mm zwischen Blendrahmenaußenkante und Flügelaufschlagkante ein für eine Gewährleistung eines ausreichenden Öffnungswinkels gerade noch ausreichender Abstand von 52 mm vorhanden gewesen war.

Bei entsprechender Ausführung der Anschlussarbeiten wäre der erforderliche Öffnungswinkel indes zu erreichen gewesen. Das Gericht stellte fest, dass auch das Aufkleben der Folie außen auf die Blendrahmen für sich betrachtet nicht zu beanstanden war, da diese Ausführungsart ebenso als sach- und fachgerecht bewertet wurde wie das Anbringen der Folie auf der Innenseite der Rahmen.

Dem AN wurde jedoch vorgeworfen, dass er den Maler und Gipser nicht darüber informiert hatte, dass der erforderliche Öffnungswinkel nicht mehr erreicht würde, wenn die entgegen der ursprünglichen Planung außen auf den Rahmen angebrachten Folien verputzt und nicht lediglich mit einer Leiste abgedeckt werden würden.

Das Gericht führte in seiner Entscheidung aus, dass es in der Regel nicht die Aufgabe des Vorunternehmers ist, auf eine hinreichende Koordinierung der Arbeiten hinzuwirken. Allerdings ist dies anders, wenn der Vorunternehmer mit eventuellen Risiken rechnen muss, beispielsweise weil dem nachfolgenden Unternehmer nicht hinreichend bekannt ist, welche Materialien von dem Vorunternehmer verwandt wurden.  Oder seine Leistung als Grundlage für Nachfolgeleistungen nicht geeignet sei. Der AN ist nach Treu und Glauben ausnahmsweise verpflichtet, den nachfolgenden Handwerker oder Architekten darauf hinzuweisen, wie bei den nachfolgenden Arbeiten verfahren werden muss.

Eine Hinweispflicht ist dabei immer dann anzunehmen, wenn erkennbar die Gefahr besteht, dass der zweite Unternehmer auch bei Anwendung der anerkannten Regeln der Technik nicht zu erkennen vermag, ob die Vorleistung des anderen Unternehmers für ihn eine geeignete Arbeitsgrundlage ist. Insoweit stellte das Gericht eine Haftung des AN fest (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss v. 19.11.2019, Az.: 23 U 208/18; mit Beschluss des BGH´s v. 17.06.2020, Az.: VII ZR 272/19 wurde die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen).

Fazit

Grundsätzlich hat der Auftragnehmer nur für eine mangelhafte Werksausführung einzustehen. Allerdings bestehen Prüfungs- und Hinweispflicht für den Planer und das ausführende Unternehmen im Werkvertragsrecht gemäß BGB oder beim VOB/B-Vertrag.

Mitteilungspflichtige Bedenken werden dann ausgelöst, wenn der fachkundige und zuverlässige AN Anlass zu einer entsprechenden Vermutung hat, dass die gewählte Ausführung nicht die gewünschte Funktionalität aufweisen könnte. Das ausführende Unternehmen oder der Planer können sich danach von der Mängelhaftung nur dann befreien, wenn sie die zu befürchtenden Nachteile der vorgesehenen Bauweise klären.

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