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Tipp vom Anwalt: Verkehrssicherungspflicht des Bauleiters

Matthias Scheible

1. Sachverhalt (verkürzt)

Der Kläger macht Schadensersatzansprüche (Schmerzensgeld und Verdienstausfall) aus einem Unfall, auf einer Baustelle gegen das Rohbauunternehmen und den Bauleiter geltend. Das Rohbauunternehmen war mit der Errichtung eines neuen Verladegebäudes beauftragt und führte diese Arbeiten aus. Zum Auftragsumfang gehörte auch die Herstellung und Anbringung der Absturzsicherungen im Bereich einer Bodenöffnungen in der Zwischendecke, die zum späteren Einbau von Verlademischern dienten.

Nach Fertigstellung des Rohbaus wurden durch Drittfirmen die Fenster und der Treppenaufgang zum Zwischengeschoss eingebaut. Mindestens fünf Mal fand nach Fertigstellung der Rohbauarbeiten auf dem Zwischengeschoss ein Jour fixe statt, an dem neben weiteren Personen auch die Beklagten teilnahmen. Der Kläger führte als Metallbaumeister und Schweißfachmann das Jour fixe für den Bauherrn. Dabei stürzte er durch eine der, jedenfalls am Unfalltag nicht abgesicherten Aussparungen auf den etwa 5 m tiefer liegenden Betonboden im Erdgeschoss und verletzte sich schwer. Wie hell es zum Unfallzeitpunkt in dem Gebäude war, ist zwischen den Parteien streitig. Ebenfalls ist streitig, ob der Zugang zum Zwischengeschoss durch eine Absperrung an der Treppe versperrt war. Streitig ist schließlich auch der genaue Unfallhergang, insbesondere ob der Kläger zum Unfallzeitpunkt rückwärts (so der Kläger) oder vorwärts (so die Beklagten) lief.

Im Prozess stellt sich die Frage, ob die Beklagten eine Pflicht zur Verkehrssicherung verletzt haben. 

2. Entscheidung

Der beklagte Rohbauunternehmer und der beklagte Bauleiter werden verurteilt.

Das Gericht stellt fest, dass die Beklagten die ihnen obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt haben. Maßstab für Art und Umfang von Verkehrssicherungspflichten sind u.a. die einschlägigen Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft. Der beklagte Rohbauer schuldete bereits vertraglich die auch gem. § 12 Abs. 1 Nr. 3 UVV (Unfallverhütungsvorschriften) vorgeschriebenen Absturzsicherungen der Aussparungen. „Die Verkehrssicherungspflicht endet grundsätzlich mit dem ordnungsgemäßen Abschluss der Arbeiten; wer eine Baustelle verlässt, muss daher dafür sorgen, dass bestehende Gefahrenquellen hinreichend abgesichert werden (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 16. Aufl. 2018, Rn. 2359). Wird die Baustelle in verkehrsunsicherem Zustand verlassen, dauert die Verkehrssicherungspflicht fort (Palandt/Sprau, Kommentar – Bürgerliches Gesetzbuch, 77. Aufl. 2018, Rn. 191).“

Offensichtlich waren die Absturzsicherungen nicht vorhanden. Auch hatte der beklagte Bauleiter hier nicht für Abhilfe gesorgt. Darüber hinaus war die Sicherung der Gefahrenquelle nicht von einem anderen Unternehmen/einer anderen Person tatsächlich und ausreichend übernommen worden. Vor diesem Hintergrund haben die Beklagten ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt und haften gegenüber dem Kläger.

Es entlastet den Rohbauunternehmer hinsichtlich seiner eigenen Verkehrssicherungspflicht nicht, wenn der Geschädigte vom Bauherrn zur Durchführung von Verkehrssicherungsmaßnahmen eingesetzt wurde. Dass der Geschädigte zur Absicherung der Gefahrenstelle eingesetzt wurde und daher um die Gefahr wusste, ist nur bei der Gewichtung seines Mitverschuldens zu berücksichtigen (vgl. OLG Stuttgart, Urteil v. 13.12.2018, Az.: 2 U 71/18 noch nicht rechtskräftig).

3. Grundsätzliches und Fazit

Der Bauunternehmer eröffnet normalerweise den Verkehr auf der Baustelle und die damit einhergehenden Gefahrenquellen. Folglich ist er, sofern der Bauherr nicht in Eigenregie baut, während der Bauausführung verkehrssicherungspflichtig. Dem bauleitenden Architekten obliegen nicht wie dem Bauunternehmer „primäre“ Verkehrssicherungspflichten, sondern nur „sekundäre“ Verkehrssicherungspflichten. Das bedeutet, dass der Architekt ist also gehalten ganz allgemein die Augen offen zu halten und das, was der Betreffende bei der Ausführung des Baus beobachtet, zu prüfen und bei der Entdeckung irgendwelcher Mängel auch seinerseits dafür Sorge zu tragen, dass Sicherungsvorkehrungen getroffen werden.

Grundsätzlich kann jedem Unternehmer und jedem Architekten nur dringend geraten werden, unabhängig von seinem konkreten Auftragsumfang die Unfallverhütungsvorschriften zu beachten und deren Umsetzung auch genau zu dokumentieren. Insoweit kommt dem Bautagebuch bei Architekten wieder besondere Bedeutung zu.

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