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Klimaschutzgesetz: Auf Handwerk und Planer kommen interessante Zeiten zu

Dittmar Koop
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Es war ein Paukenschlag: Das Bundesverfassungsgericht urteilte im April dieses Jahres das Klimaschutzgesetz der großen Koalition als verfassungswidrig. Geklagt hatten Klimaschützer. Ende Juni wurde nun von politischer Seite nachgebessert und eine Novelle beschlossen. Die Ziele sind nun ambitionierter, außerdem wurde ein Sofortprogramm für 2022 vereinbart. Ob dies tatsächlich kommt, steht unter Vorbehalt.

Es gibt verschiedene Meinungen zur Fridays for Future-Bewegung und zu solchen von anderen Aktivisten in diese Richtung. Oft sind sie auf beiden Seiten hitzig polemisch. Ein Paukenschlag also auch in dieser Hinsicht, weil er die ganze Klimaschutzdebatte mit versachlicht, gelang Klimaschützern im April dieses Jahres mit einer Klage am Bundesverfassungsgericht. Sie hatten Erfolg mit der Aussage, dass das bis dato geltende Klimaschutzgesetz aus dem Jahr 2019 nicht ausreichend die Zukunftsperspektiven der nachfolgenden Generationen berücksichtigen würde, weil es das Ziel Klimaneutralität zeitlich viel zu spät vorsah. Das Gericht bestätigte das und forderte die Politik zur Nachbesserung auf.

Politik reagiert erstaunlich schnell

Die Politik folgte der Aufforderung erstaunlich schnell. Das Bundesumweltministerium (BMU) legte im Mai den Entwurf für eine Novelle des Klimaschutzgesetzes vor und nach einer erstaunlich kurzen Debatten-Zeit entlang der Kette (Kabinett, Fraktionen, Bundestag) wurde es am 24. Juni mit den Stimmen der Regierungsfraktionen im Bundestag beschlossen.

Meinungen über Beschlüsse und Gesetze sind meist geteilt, so auch hier. Während Bundesumweltministerin Svenja Schulze sich sehr zufrieden gab („Mein Klimaschutzgesetz ist der Garant dafür, dass die Regierung beim Klimaschutz nicht mehr nachlassen wird“), waren andere da ganz anderer Meinung. Ihnen gingen die Beschlüsse nicht weit genug und außerdem wären sie zu unkonkret.

So hält beispielsweise der Klimaforscher Mojib Latif vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung das Gesetz für unzureichend. Im Deutschlandfunk sagte er unter anderem: „Man ist sehr vage geblieben, es ist wenig Konkretes zu lesen.“ Das neue Klimaschutzgesetz sei weit hinter dem zurückgeblieben, was man eigentlich hätte vereinbaren müssen.

Das ist neu im Klimaschutzgesetz

Umso mehr geht es dann darum, auf die Fakten zu blicken. Was ist über die Novelle des Klimaschutzgesetzes (KSG) 2021 gegenüber dem Vorgänger von 2019 neu? Hier die Übersicht:

  • Es wurde das Ziel der Klimaneutralität um 5 Jahre auf 2045 vorgezogen;
  • Für 2030 gilt als neues Etappenziel 65 statt 55 Prozent Treibhausgasminderung (im Vergleich zu 1990);
  • Eine neue Ziel-Zwischenetappe wurde für 2040 eingeführt: 88 Prozent weniger CO2-Äquivalent (im Vergleich zu 1990);
  • Folge ist insgesamt, dass für die einzelnen Sektorfelder (z. B. Industrie, Verkehr und Gebäude) die jährlichen CO2-Absenkungen verschärft werden. Im Gebäudesektor soll der CO2-Ausstoß bis 2030 bis auf ein Drittel des Werts von 1990 gesenkt werden.

Klimaschutz Sofortprogramm

Um das anzuschieben, wurde zeitgleich von der Regierung im Zuge der Haushaltsbeschlüsse 2022 einen Tag vor dem KSG-Beschluss im Bundestag ein neues, flankierendes Klimaschutz-Investitionsprogramm beschlossen (Klimaschutz Sofortprogramm 2022). Mit dem Programm stellt die Bundesregierung insgesamt rd. 8 Mrd. Euro für 2022 für alle Bereiche zur Verfügung, Maßnahmen in den Sektoren Industrie, Energie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft und Naturschutz zu entwickeln.

Was zunächst gut klingt, hat einen Haken: Es ist ja noch gar nicht klar, wer 2022 regiert. Dennoch: Es dürfte schwerfallen, die jetzt verschärften Klimaschutzziele auch zu erreichen ohne dass die Anstrengungen verstärkt werden, auch die finanziellen.

Die energetische Sanierung im Bestand ist in diesem Jahr mit der neuen BEG voll angelaufen.

Gebäudesektor im Fokus

Konkret ist das Sofortprogramm außerdem noch nicht. Allerdings wird das besondere Augenmerk auf den Gebäudesektor gelegt. Laut Analyse der Bundesregierung war er der einzige Sektor im vorigen Jahr, der sein Klimaschutzziel leicht verfehlte. Das Energie- und Klimaschutzpotenzial des Gebäudesektors wird aber von der Bundesregierung als groß eingestuft.

Laut Finanzministerium sollen 5,5 der 8 Mrd. Euro in diesen Sektor fließen. Finanziert werden sollen damit die Förderung der energetischen Sanierung von Wohngebäuden und den klimafreundlichen Neubau oder die Sanierung von Sozialwohnungen. Gleichzeitig sollen die energetischen Mindeststandards für neue Gebäude angehoben werden. Auf welches Niveau, bleibt allerdings unklar.

Gebäude-Allianz liefert 5-Punkte-Plan

Es fehlt auch noch ein Konzept, wie die Dekarbonisierung des Gebäudesektors weiter vorangetrieben werden kann als bisher, auch, wie man große Potenziale erschließen kann, die bislang noch nicht erschlossen sind.

Einen Vorschlag für eine Roadmap dazu hat die Gebäude-Allianz, ein Zusammenschluss aus mehr als 25 Verbänden (Umweltverbänden, Gewerkschaften, Verbraucherschutz-, Mieterschutz- und Unternehmensverbänden) in Form eines 5-Punkte-Plans kürzlich vorgelegt. Sie fordern:

  • Mindeststandards für energetisch schlechteste Bestandsgebäude einzuführen und Neubau-Anforderungen weiter zu entwickeln, insbesondere vor dem Hintergrund der Sozialverträglichkeit. Förderungen sollen gerade diese Zwangslagen dann abfedern;
  • Die Förderung ergebnisorientiert ausrichten. Die Förderung müsse sehr viel stärker auf nachgewiesene und nachweisbare Ergebnisse ausgerichtet werden;
  • Fossile Lock-in-Effekte vermeiden. Die Allianz spricht sich dafür aus, aufgrund der Langfristigkeit von Heizungssanierungen per se den Einbau von fossilen Feuerungen bestenfalls ab heute schon zu vermeiden;
  • Abschaffung der vollständigen Umlage der CO2-Bepreisung auf Mieter, um Gebäudeeigentümer in Kombination mit Fördermitteln zu Investitionen in Energieeffizienz und erneuerbare Energien anzuregen;
  • Klimaneutrales Bauen der öffentlichen Hand ab 2023, um als Vorbild zu dienen.

Ein Fazit: Blick nach vorn

Eine Möglichkeit wäre, das angekündigte Geld einzusetzen, um die Energiewende-Benachteiligten mehr an der Energiewende teilhaben zu lassen. So ging die Energiewende an den Mietern bislang regelrecht vorbei. Laut statista.de wohnen aber 58 Prozent der Deutschen zur Miete. Wenn die Energiewende im Gebäudesektor also signifikant voranschreiten soll, dann kann sie sich nicht nur auf den Heizungstausch oder auf nachträgliche Dämmungen in Eigenheimen beschränken oder die Standards im Neubau über das Gebäudeenergiegesetz (GEG) hochschrauben. Die Förderungen für diese Maßnahmen sind über das neue BEG auch überaus richtig gut.

Wichtiger ist es, mit dem Sofortprogramm diejenigen im Gebäudesektor zu erreichen, die bislang unterprivilegiert sind bzw. sogar unter der Energiewende über höhere Energiekosten leiden, weil diese auf sie abgewälzt werden (z. B. CO2-Besteuerung fossiler Brennstoffe) und sie diesen nichts entgegensetzen können.

Wenn das Sofortprogramm dazu anreizt, auch die bislang vernachlässigten 58 Prozent der Deutschen zu erreichen, indem Vermieter sich für Veränderungen erwärmen lassen, dann kommen auf Handwerk und Planer weiter interessante Zeiten zu.

Dittmar Koop ist Journalist für erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

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