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Legionellen: So werden Nährstoffeinträge in Trinkwasserinstallationen verhindert

Dr. Christian Schauer
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Trinkwasser ist per Definition zwar rein und klar, aber nie steril. Denn natürlicherweise befinden sich darin immer Bakterien, von denen die meisten aber nicht krankheitserregend sind. Andere, wie Legionellen, können aber vor allem immungeschwächten Menschen schaden, wenn sich eine zu hohe Konzentration im Trinkwasser befindet. Deswegen sieht die Trinkwasserverordnung (TrinkwV) auch entsprechende Grenzwerte vor. Neben Legionella pneumophila sind in diesem Zusammenhang vor allem auch die Pseudomonaden (Pseudomonas aeruginosa) zu nennen.

Ideale Wachstumsbedingungen für Legionellen

In der TrinkwV ist daher für Legionellen ein „technischer Maßnahmenwert“ als Grenzwert von 100 KBE (koloniebildende Einheiten) pro 100 ml Wasser definiert. Dieser Wert gibt an, ab wann technische Maßnahmen gegen Legionellen ergriffen werden müssen. Verantwortlich dafür ist der Betreiber. Er muss auch die Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes der zuständigen Gesundheitsbehörde melden (Quelle: Niedersächsisches Landesgesundheitsamt).

Bei Pseudomonaden beträgt der Grenz­wert 0 KBE pro 100 ml Wasser. Wird eine deutliche Vermehrung von Pseudomonas aeruginosa festgestellt, ist das im Übrigen ein Hinweis auf mögliche Stagnationsprobleme in der Trinkwasserinstallation.

Ideale Wachstumsbedingungen für Mikroorganismen ergeben sich dort beispielsweise unter folgenden Voraussetzungen:

a) Trinkwassertemperaturen zwischen > 20 °C und < 55 °C begünstigen die Vermehrung am meisten.

b) Stagnation ist in erster Linie auf einen unzureichenden Wasseraustausch zurückzuführen. Die DVGW/VDI-Richtlinie 6023 empfiehlt einen vollständigen Wasserwechsel in allen Leitungsteilen innerhalb von 72 Stunden. Wichtig ist, dass dieser über alle Entnahmestellen stattfindet [1].

c) Eine mangelnde Durchströmung der Trinkwasserleitungen sorgt ebenfalls für Stagnation. Ursache sind dann möglicherweise systembedingt oder prinzipiell zu groß dimensionierte Rohrleitungen mit reduzierten Fließgeschwindigkeiten, weil beispielsweise bei der Planung nicht die herstellerspezifischen Zeta-Werte berücksichtigt wurden.

d) Nährstoffe für das Bakterienwachstum reichern sich im Biofilm an, der sich praktisch auf allen Oberflächen bildet, die mit Trinkwasser in Kontakt kommen. Bei unzureichender Durchströmung und fehlendem Wasseraustausch haben Mikroorganismen ausreichend Zeit, das Nährstoffangebot zum Wachstum zu nutzen.

Die Korrelation dieser vier Faktoren wird treffend im Wirkkreis der Trinkwassergüte dargestellt. Bisher konzentrieren sich Fachplaner, Fachhandwerker und Betreiber oft in erster Linie darauf, Temperatur, Durchströmung und Wasseraustausch in eine hygienische Balance zu bringen beziehungsweise zu halten. Die Beeinflussung des Nährstoffangebots hingegen findet bislang deutlich weniger Beachtung. Dabei sind die Auswahl der Bauteile, Hygienemaßnahmen bei der Installation und Sachkenntnis bei Sanierungsarbeiten wesentlich, um Keimen im Rohrleitungsnetz keine zusätzliche Nahrung zu geben. Praktische Anhaltspunkte dafür bieten die Regelwerke, aber auch wissenschaftliche Erkenntnisse

Der Wirkkreis der Trinkwassergüte zeigt die vier wesentlichen Faktoren, die in einer Trinkwasseranlage beherrscht werden müssen, um hygienische Stabilität zu erreichen.

Sorgsame Auswahl der Werkstoffe

Werkstoffe von Installationsbauteilen können in unterschiedlich hohem Maß Nährstoffe in Form von organischen Kohlenstoffverbindungen (DOC = Dissolved Organic Carbon – löslicher organischer Kohlenstoff) für mikrobielles Wachstum in das Trinkwasser abgeben. Dem trägt das Umweltbundesamt (UBA) mit Veröffentlichungen zur hygienischen Beurteilung von Werkstoffen im Kontakt mit Trinkwasser Rechnung. Folgende UBA-Leitlinien und Empfehlungen sind erschienen [2]:

  • KTW-Leitlinie; sie stellt hygienische Anforderungen an Kunststoffe und Silikone
  • Beschichtungsleitlinie
  • Elastomerleitlinie
  • Schmierstoffleitlinie und
  • Geringfügigkeitsleitlinie zur Beurteilung von Stoffen, die in sehr geringen Mengen eingesetzt werden und die normalerweise nicht ins Trinkwasser übergehen. Dazu gehören Katalysatoren und Initiatoren, die Oberflächenveredelung von Garnen und Geweben, Schlichten für Füllstoffe, Lösemittel für Additive und für andere Hilfsstoffe.

Am 21. März 2021 löste die „Bewertungsgrundlage für Kunststoffe und andere organische Materialien im Kontakt mit Trinkwasser“ des UBA die KTW-Leitlinien ab. Die UBA-Bewertungsgrundlage für metallene Werkstoffe ist bereits bindend.

Diese Veröffentlichungen und die darin beschriebenen Prozedere sind in erster Linie für Hersteller von Bauteilen für Trinkwasser-Installationen von Bedeutung. Sie können damit sicherstellen, dass die verbauten Werkstoffe im Laufe der Nutzungszeit keine Stoffe ins Trinkwasser abgeben, die Mikroorganismen Nahrung bieten. Für Fachplaner und Fachhandwerker entscheidend ist allerdings: Die Leitlinien des UBA basieren rechtlich auf der deutschen TrinkwV. Eine europaweit einheitliche Zulassung von Werkstoffen im Kontakt mit Trinkwasser gibt es derzeit nicht. Somit sollte dringend bereits bei einer eventuellen Ausschreibung darauf geachtet werden, dass nur Bauteile installiert werden, für die eine Konformitätserklärung der Hersteller mit den UBA-Leitlinien beziehungsweise -Bewertungsgrundlagen vorliegt.

Trinkwasserrohre sind eine „Lebensmittelverpackung“. Entsprechend hygienisch müssen sie beim Transport und der Lagerung behandelt werden. Stopfen an den Rohrenden verhindern dabei Schmutzeintrag, der sonst Keimen Nahrung bietet.

„Sauber“ installieren

Die vom Gesetzgeber verlangte hohe Sorgfalt bei der Materialauswahl für Bauteile macht deutlich, dass auch bei der Installation darauf zu achten ist, keine Fremdstoffe ins Leitungsnetz einzutragen. So etwas kann unter anderem bei konventionellen Verbindungstechniken passieren. Beim Löten von Trinkwasserleitungen sollte daher die Verwendung von Loten und Flussmittel, die den Anforderungen DVGW GW 7 entsprechen, selbstverständlich sein [3]. Damit ist beispielsweise gewährleistet, dass Flussmittelrückstände kaltwasserlöslich und durch Spülung zu entfernen sind. Generell ist darauf zu achten, möglichst keine Hilfsstoffe in die Rohre einzubringen. Das trifft auch auf Hanf und andere Materialien zu, die zum Dichten von Gewindeverbindungen genutzt werden.

Diese Formen des Nährstoffeintrags in Rohrleitungen können durch die Pressverbindungstechnik zuverlässig ausgeschlossen werden. Damit aber auch bei Reparaturen verpresst statt zum Beispiel gelötet werden kann, bieten einige Hersteller von Pressverbindungssystemen entsprechende Sonderbauteile wie Schiebemuffen und Übergangsstücke sowohl für Kunststoffrohre als auch für Metallrohre an.

Darüber hinaus schützt eine hygienische Handhabung der Installationsmaterialien vor dem Eintrag von Fremdstoffen in das Trinkwassersystem, die später eine Verkeimung der Anlage fördern können. Die erforderliche Sorgfalt beschreibt die DIN EN 806-4: „Rohre, Fittings (Formstücke) und andere Bauteile müssen geschützt und sorgfältig behandelt und gelagert werden, um Beschädigungen zu vermeiden sowie Verunreinigungen durch Schmutz, Baustoffe, Ungeziefer und sonstiges Fremdmaterial vorzubeugen. Die Hinweise der Hersteller in Bezug auf Verladung, Beförderung, Entladung und Lagerung der jeweiligen Produkte müssen befolgt werden“ [4].

Welche vorbeugenden Maßnahmen auf der Baustelle dazugehören, führt unter anderem das DVGW-Arbeitsblatt W 557 konkret aus [5]:

  • Sämtliche Anlagenkomponenten und Rohre sind beim Transport, der Lagerung und während der Installation gegen innere Verunreinigungen zu schützen.
  • Offene Bauteile der fertiggestellten Installationsabschnitte sind konsequent abzustopfen, bis die Feininstallation abgeschlossen ist.

Warum diese Achtsamkeit geboten ist, thematisiert das DVGW-Arbeitsblatt W 556 (A): Solche Schmutzeinträge in die Trinkwasserverteilung sind oft ursächlich für eine Verkeimung mit verschiedenen Arten coliformer Bakterien. Diese Krankheitserreger stellen nicht nur für immungeschwächte Personen in medizinischen Einrichtungen eine Gesundheitsgefahr dar, sondern auch häufig für Menschen ohne Vorerkrankungen [6].

Die Werkstoffe von Formteilen und Trinkwasserrohren müssen den hohen Qualitätsstandards der KTW-Richtlinie des Umweltbundesamtes und des DVGW-Arbeitsblatts W 270 entsprechen.

Vor Inbetriebnahme mit filtriertem Wasser spülen

Trotz aller Vorsicht kann es jedoch bei der Installation zu Verschmutzungen, insbesondere in den Rohren, kommen. Daher gibt das entsprechende ZVSHK-Merkblatt [7] vor, dass eine Trinkwasseranlage unmittelbar vor der Inbetriebnahme mit filtriertem Trinkwasser zu spülen ist. Wichtig dabei: Das verwendete Trinkwasser muss auf seine Qualität überprüft werden, damit die Anlage nicht durch verunreinigtes Wasser kontaminiert wird. Die Entnahme aus einem Bauwasseranschluss ist also definitiv nicht zulässig.

Muss eine Trinkwasseranlage aufgrund hygienisch relevanter mikrobieller Auffälligkeiten saniert werden, ist übrigens das Spülen ebenfalls die erste Maßnahme gemäß DVGW-Arbeitsblatt W 556 (A) [6]. Das ist auch dann der Fall, wenn darüber hinaus eine chemische Desinfektion unvermeidlich ist. Dabei sollte möglichst auf das Impulsspülen mit einem Gemisch aus Wasser und ölfreier Druckluft verzichtet werden. In bestehenden Anlagen könnten sich durch die Druckschläge Inkrustationen von den Rohrwänden lösen, wodurch dort möglicherweise eingekapselte Bakterien zusätzlich ins Wasser gelangen. Außerdem können die Strömungsimpulse zu Undichtigkeiten an den Verbindern führen.

Vorgaben für die Reinigung und Desinfektionen von Trinkwasser-Installationen macht das DVGW-Arbeitsblatt W 557 [5]. Allerdings ist die chemische Desinfektion nur in engen Grenzen erlaubt und nur in Ausnahmen zielführend. Der Installation von endständigen, bakteriendichten Filtern sollte bis zum erfolgreichen Abschluss einer Sanierung der Vorzug gegeben werden [8].

Die Ultrafiltration im Bypass zur permanenten Bakterienreduktion kann eine notwendige Maßnahme sein, um Krankheitserregern – wie beispielsweise Legionellen – auch das Nährstoffangebot für die Vermehrung zu reduzieren.

Ultrafiltration als Unterstützungsmaßnahme

Die hygienische Stabilität im Sinne des Wirkkreises der Trinkwassergüte kann durch den Einsatz einer permanent installierten Ultrafiltration im Bypass der Warmwasserzirkulation (UFC-Technologie) unterstützt werden. Wie aktuelle Feldstudien belegen [9], reduziert die Ultrafiltration die Gesamtanzahl an Bakterien (GZZ) und die im Trinkwasser gelösten Nährstoffe (DOC). Damit wird das mikrobielle Wachstum nachhaltig gehemmt – einschließlich der besonders häufig in Trinkwasser-Installationen auftretenden Krankheitserreger Legionellen und Pseudomonaden.

Fazit

Bauteile für Trinkwasser-Installationen sind de facto „Lebensmittelverpackungen“ mit einer sehr langen Nutzungsdauer. Dieses Verständnis sollte sowohl die Auswahl als auch die Handhabung der Bauteile auf der Baustelle beeinflussen. Denn Materialien, aus denen Stoffe in das Trinkwasser migrieren, und Schmutzeinträge bei der Installation bieten den natürlich vorkommenden Bakterien im Trinkwasser Nahrung für ein gesundheitsgefährdendes Wachstum.

Dieser Artikel von Dr. Christian Schauer ist zuerst erschienen in SBZ 11/2021. Dr. Christian Schauer ist Leiter des Kompetenzzentrums Trinkwasser, Corporate Technology, bei dem Systemhersteller von Installationstechnik Viega, Attendorn.

Literatur

[1] VDI/DVGW 6023 Blatt 1, Hygiene in Trinkwasser-Installationen – Anforderung an Planung, Ausführung, Betrieb und Instandhaltung, Beuth, Berlin, 04/2013.

[2] Kennwerte für die Prüfung von Werkstoffen im Kontakt mit Trinkwasser in Bezug auf die Migration chemischer Substanzen und das Wachstum von Mikroorganismen hat der DVGW in dem Arbeitsblatt W 270 festgelegt.

[3] Technische Regel DVGW GW 7: Lote und Flussmittel zum Löten von Kupferrohren in der Gas- und Trinkwasser-Installation – Anforderungen und Prüfungen, DVGW, Bonn, 03/2014.

[4] DIN EN 806-4, Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Teil 2: Planung, Abs. 4.2 Handhabung der Materialien, Beuth, Berlin, 06/2005.

[5] DVGW-Arbeitsblatt W 557, Reinigung und Desinfektion von Trinkwasser-Installationen, DVGW, Bonn, 10/2012.

[6] DVGW-Arbeitsblatt W 556 (A): Hygienisch-mikrobielle Auffälligkeiten in Trinkwasser-Installationen, Methodik und Maßnahmen zu deren Behebung, Abs. 5.2.2, DVGW, Bonn, 12/2015.

[7] ZVSHK Trinkwasserinstallation, Inbetriebnahme; Merkblatt – Spülen, Desinfizieren und Inbetriebnahme von Trinkwasserinstallationen, Beuth, Berlin, 08/2014.

[8] Dr. Christian Schauer, „Desinfektion ist nur in Sonderfällen erlaubt!“, TGA Fachplaner, Ausgabe 6-2019, Gentner Verlag.

[9] Christian Schauer, Energieeffizienz und Legionellenschutz – Temperaturen für Trinkwasser warm als Hürde für Wärmepumpen absenken, Moderne Gebäudetechnik 04/2020, S. 46–49

[10] Erkenntnisse aus dem BMBF-Verbundprojekt „Biofilm-Management“ Version 1.1, 2014, IWW, Prof. Dr. Hans-Curt Flemming.

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