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Notorisches Zuspätkommen, außerbetriebliches Fehlverhalten: Wann kommt die Kündigung?

Der nachfolgende Text nennt einige gerichtliche Entscheidungen, die für den betrieblichen Alltag wichtig sein können. Die Sammlung geht auf den Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn (Stuttgart) zurück. Henn ist zudem Präsident des VDAA (Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte). Er empfiehlt, die Entscheidungen zu beachten und in Zweifelsfällen rechtlichen Rat einzuholen.

1. Wiederholtes zu spätes Erscheinen am Arbeitsplatz kann auch ohne schriftliche Abmahnung die Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

Kommt ein Arbeitnehmer an drei von vier aufeinanderfolgenden Arbeitstagen erheblich zu spät oder gar nicht zur Arbeit, kann dies je nach den Umständen des Einzelfalls den Rückschluss auf ein hartnäckiges und uneinsichtiges Fehlverhalten zulassen, sodass es vor Ausspruch einer Kündigung keiner ausdrücklichen Abmahnung bedarf. Das stellt das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in einer aktuellen Entscheidung vom 31. August 2021, Az. 1 Sa 70öd/21, fest.

Mit dieser Entscheidung stellt das LAG klar, dass es vor Ausspruch einer Kündigung eines Arbeitsverhältnisses wegen wiederholter Verspätung nicht immer einer Abmahnung bedarf. In der Praxis dagegen weit verbreitet ist die Vorstellung, dass vor einer Kündigung wegen wiederholter Verspätung bei Arbeitsantritt immer eine Abmahnung notwendig ist. Das LAG stellt klar, dass immer der Einzelfall geprüft werden muss. Im konkreten Fall hat es dann die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses für gerechtfertigt erklärt, da jedenfalls wegen der ersten Verspätung eine mündliche Abmahnung erteilt worden war.

Arbeitnehmern kann deshalb nur geraten werden, sich nicht darauf zu verlassen, dass eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses wegen Verspätungen nicht möglich ist, wenn nicht bereits früher eine Abmahnung wegen Verspätung erfolgte. Trotz dieser Rechtsprechung kann aber Arbeitgebern nur empfohlen werden, sich nicht zu sehr auf diese Rechtsprechung zu verlassen, sondern Verspätungen konsequent schriftlich abzumahnen und im Wiederholungsfall zu kündigen. Dies ist jedenfalls für Arbeitgeber der sichere Weg.

2. Auch außerbetriebliches Fehlverhalten kann die fristlose Kündigung eines Arbeitsverhältnisses rechtfertigen.

Das stellt das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm in einer aktuellen Entscheidung vom 19. August 2021, Az. 8 Sa 1671/19, ausdrücklich fest. In dem entschiedenen Fall hatte der Arbeitnehmer bei der Beantragung eines Immobilienkredites bei einer Bank gefälschte Gehaltsabrechnungen vorgelegt und damit gegenüber der Bank ein höheres Einkommen vorgetäuscht.

Das LAG stellt ausdrücklich fest, dass außerdienstlich begangene Straftaten ein Arbeitsverhältnis belasten können, wenn sie nach objektiver Betrachtung geeignet sind, ernsthafte Zweifel an der Eignung des Arbeitnehmers für die ihm obliegende Tätigkeit zu begründen. Aus einer wegen der Straftat anzunehmenden funktionsabhängig zu beurteilenden Unzuverlässigkeit oder Ungeeignetheit des Arbeitnehmers könne dann insoweit ein personenbedingter wichtiger Grund nach § 626 Abs. 1 BGB zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses vorliegen. Voraussetzung hierbei sei, dass das außerdienstliche Verhalten das Arbeitsverhältnis konkret berühre, etwa im Kontext der Arbeitsleistung oder im Bereich des persönlichen Vertrauens.

Im konkreten entschiedenen Fall war der Arbeitnehmer kaufmännisch ausgebildet und zu seinen Tätigkeiten gehörte die Vermittlung und Verlängerung von Mobilfunkverträgen. Insoweit war es im Rahmen der Verkaufsgespräche Aufgabe des Arbeitnehmers, die Identität der Kunden festzustellen und die zum Vertragsschluss erforderlichen persönlichen Daten aufzunehmen. Der Arbeitnehmer war auch berechtigt, über die Vertragsschlüsse dann auch zu entscheiden. Aus Sicht des LAG rechtfertigte dieses Fehlverhalten des Arbeitnehmers den Schluss, dass der Arbeitgeber nicht mehr darauf vertrauen durfte, dass der Arbeitnehmer sich im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit korrekt verhalte und deshalb aus Sicht des Arbeitgebers für eine weitere Tätigkeit ungeeignet sei. Das LAG erklärte deshalb die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses für wirksam.

3. Die Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers ohne vorherige Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes stellt einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 ArbGG dar, der eine Entschädigung von vier Monatsgehältern rechtfertigen kann.

Dies stellt das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in einer Entscheidung vom 17. Mai 2021, Az. 10 Sa 49/20, ausdrücklich fest. Im entschiedenen Fall kündigte der Arbeitgeber ohne vorherige Beteiligung des Integrationsamtes das Arbeitsverhältnis fristgerecht. Hiergegen erhob der Kläger fristgerecht Kündigungsschutzklage und verlangte weiter die Zahlung einer Entschädigung wegen Diskriminierung in Höhe von mindestens drei Bruttomonatsgehältern.

Das LAG stellte klar fest, dass der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 ArbGG habe. Der Arbeitgeber habe den Arbeitnehmer unmittelbar wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt, indem er das Arbeitsverhältnis ohne Anhörung des Integrationsamtes gekündigt habe.

Der Arbeitnehmer habe deshalb nach § 15 Abs. 2 Satz 1 ArbGG Anspruch auf eine Entschädigung. Im konkreten Fall hielt das Landesarbeitsgericht eine Entschädigung von vier Bruttomonatsgehältern für angemessen, da der Arbeitnehmer monatelang mit einem schwebenden Kündigungsschutzverfahren belastet gewesen sei und der Arbeitgeber im erheblichen Maß das Sonderkündigungsschutzrecht des Klägers missachtet und auch keine Gründe dargelegt habe, die sein Verhalten in einem milderen Licht hätten erscheinen lassen.

Arbeitgebern kann deshalb nur geraten werden, den Sonderkündigungsschutz von schwerbehinderten Menschen stets zu beachten und ohne Beteiligung des Integrationsamtes keine Kündigung auszusprechen. Ein Verstoß gegen diese Regel kann teuer werden.

www.vdaa.de

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